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Mit der Edition dieses Briefwechsels wird eines der wichtigsten Dokumente für die Geschichte des Göttinger Hains erstmals vollständig zugänglich. Die fast lebenslange, vertrauliche Korrespondenz zweier seiner wichtigsten Mitglieder aus den Jahren 1774-1810 differenziert das Bild der beiden Persönlichkeiten und Ihres Schaffens. Sie spiegelt deren vielfältige Kontakte zu namhaften Zeitgenossen vor dem Hintergrund der historischen Umbrüche, die besonders einschneidende Folgen für Millers Heimatstadt Ulm hatten. Einbezogen werden erstmals vollständig auch die Briefe dieser Korrespondenz von Ernestine Voß, die seit 1802 oft die Feder für das Voßsche Ehepaar führte und deren schriftstellerische Begabung größere Aufmerksamkeit verdient.
Zwischen 1514 und 1663 wurde die antike Gattung des Heroidenbriefes nahezu ausschlielich von neulateinischen Dichtern gepflegt. Da der genannte Zeitraum in der Gattungsgeschichte bislang kaum behandelt ist, erschliet diese Studie die Heroidensammlungen der wichtigsten Autoren Eobanus Hessus, Andreas Alenus, Jacob Bidermann, Baudouin Cabiliau, Jean Vincart, Jacob Balde, indem es ihre literaturhistorischen Kontexte (mittelalterliche Vorlaufer, Bedingungen und Medien der Ovid-Rezeption, zeitgenossische poetologische Diskussionen) aufzeigt und sie in Einzelanalysen jeweils exemplarischer Briefgedichte zuganglich macht. Dabei spielen v.a. die Modi der christianisierenden Transformation ihres antiken Vorbildes, Ovids Heroides, die mannigfachen intertextuellen Bezuglichkeiten auch untereinander sowie die Frage nach der funktionalen Bestimmung dieser Gattung im Vergleich zu anderen zeitgenossischen Genera eine zentrale Rolle. Auch die Wandlungen der Gattung durch innovative Auswahl biblischer, hagiographischer oder profangeschichtlicher Stoffe, durch die Ausweitung formaler Darstellungsmoglichkeiten (Zyklusbildung, Allegorie, Text-Bild-Kombinationen) oder durch poetologische Reflexionen der Autoren werden aufgezeigt.
Menasseh ben Israel (1604 1657) war einer der bekanntesten Rabbiner des fruhneuzeitlichen Europa. Beruhmtheit erlangte er vor allem durch die Verhandlungen, die er mit Oliver Cromwell uber die Ruckkehr der Juden nach England fuhrte. Doch die Englandverhandlungen machten nur den letzten Schritt in einer Reihe von Vermittlungsbemuhungen aus. Menasses ganzes Schreiben und Wirken war von dem Programm bestimmt, christlichen Gelehrten Wissen uber das Judentum zukommen zu lassen und den Sefarden so zu Anerkennung und einer Verbesserung ihrer politischen Situation zu verhelfen. Damit reagierte Menasseh als einer der Ersten auf das groe Interesse, das in der christlichen Welt des 17. Jahrhunderts an Hebraica herrschte. Im vorliegenden Buch wird untersucht, wie genau Menasseh vorging und wie er sein Wissen so ubersetzte"e;, dass es fur christliche Leser interessant wurde. Gleichzeitig werden die Reaktionen von Menassehs Lesern in den Blick genommen, die die Informationen des Rabbiners ihrerseits ruckubersetzten"e;. Am Ende wird Menasseh als ein judischer Gelehrter vorgestellt, der trotz aller Erfolge auch scheiterte, weil sein Weg zwischen Vermittlung und Selbstbehauptung nur von wenigen Zeitgenossen verstanden wurde.
Die Arbeit stellt die erste umfangreiche Werkmonographie zu dem galanten Dichter Christian Friedrich Hunold alias Menantes (1680 1721) dar. Sie beinhaltet auch ein aktualisiertes Verzeichnis seiner Schriften Ausgehend von der Konjunktur eines galanten Interaktions- und Kommunikationsmodells zwischen 1680 und 1730 werden an der exemplarischen Textproduktion Hunolds zentrale Elemente dieses Modells fur die deutsche Literaturgeschichte untersucht. Neben der Frage, inwiefern sich die galante Literatur im deutschsprachigen Raum von derjenigen in Frankreich unterscheidet, gilt besonderes Augenmerk ihrer transitorischen Funktion an der Schwelle zur kulturellen Ausdifferenzierung modernen Gesellschaften. Dieser wird auf verschiedenen Feldern wie Verhaltenslehre, Epistolographie, Poetik, Rhetorik und Theologie nachgegangen, wobei jeweils nach den prozessualen Dynamiken gefragt wird, die ein galantes Modell entfalten konnte.
Die Wirkung der Schriften Jakob Böhmes reicht bis weit in das 20. Jahrhundert, sie betrifft sowohl die Religions- und Philosophiegeschichte als auch die Literatur und Kunst in ganz Europa. Der vorliegende Band versammelt ausgewählte Plenar- und Sektionsbeiträge einer Tagung, in denen erstmals die verzweigten und konträren Auseinandersetzungen mit dem Werk Böhmes zwischen dem frühen 17. und dem späten 18. Jahrhundert auf breiter Materialgrundlage dargestellt werden. Dabei wird erkennbar, welche Bedeutung die theosophisch-hermetistische Weltsicht - die sich mit Elementen der new science des 17. Jahrhunderts verband - für die Entwicklung des modernen Denkens gewonnen hat.
Die komparatistische Studie unternimmt es erstmalig, Geselligkeit als soziale und diskursive Praxis zu bestimmen, indem sie die sozialen Konstellationen und kommunikativen Verfahren beschreibt, die gesellige Situationen kennzeichnen. Sie zeigt, dass sich grundlegende Prinzipien geselliger Interaktion schon in der mittelalterlichen Literatur ausbilden und dann im Verlauf ihrer literarischen Geschichte je neu konfiguriert werden. Die zentrale These lautet, dass literarische Entwurfe von Geselligkeit nicht ohne spezifische Ordnungsmuster auskommen konnen. Diese zeigen sich im Bereich der sozialen Interaktion z.B. als gesellige Spielregeln ebenso wie in der narrativen und disputativen kommunikativen Praxis. Im Zentrum der Untersuchung stehen neben Beispielen aus der mhd. Artusepik (Hartmanns Iwein, Strickers Daniel, Heinrichs von dem Turlin Crone) vor allem zwei Texte Giovanni Boccaccios (der fruhe Prosaroman Il Filocolo und das Decameron), an denen sich brennpunktartig Kontinuitaten und Bruche literarischer Geselligkeitsentwurfe zwischen Mittelalter und Fruher Neuzeit aufzeigen lassen. Exemplarische Ausblicke auf die europaische Boccaccio-Rezeption schlieen den Band ab. Die Studie leistet einen dezidiert literaturwissenschaftlichen Beitrag zur Erforschung vormoderner Kommunikationspraktiken, der den literarischen Charakter der geselligen Inszenierungen stets bewusst halt.
Die berühmte Ringparabel aus G. E. Lessings ¿Nathan der Weise¿ hat bis in unsere Gegenwart hinein nichts an ihrer Faszinationskraft und Wirkmacht eingebüßt. Zahlreiche Versuche, die Ringparabel zu aktualisieren, bezeugen zwar die große Bedeutung des Textes in der gegenwärtigen Toleranzdebatte, führen aber zu einer instrumentellen Disqualifizierung der Erzählung zum feuilletonistischen Gemeinplatz. Auf diese Weise gerät nicht nur der komplexe ästhetische Rahmen der Parabel in Lessings ¿Dramatischem Gedicht¿ aus dem Blickfeld; es wird auch vergessen, dass die Ringparabel selbst eine lange Überlieferungsgeschichte besitzt und dass sie ein ebenso zentrales Erzählmuster des Toleranz- wie des Intoleranzdiskurses darstellte. Der vorliegende Band möchte gegen die präsentistischen Reduktionen und Missverständnisse der Ringparabel die literarische Geschichte dieses wirkmächtigen Erzählmodells rekonstruieren und an diesem Leitfaden entlang eine Archäologie des europäischen Toleranzgedankens liefern. Erhellt werden zunächst die Transformationen der Parabel von der Antike bis zu Boccaccios Melchisedech-Novelle, um dann auf Lessing einzugehen und dessen Rezeption bis in die Moderne zu verfolgen.
Die politische Literatur der Fruhen Neuzeit ist durchzogen von medizinischer Terminologie, da mehrere ihrer Autoren praktizierende Arzte waren. Die Struktur des Staates, die Steuerung soziookonomischer Prozesse und politisches Handeln finden ihre Erklarung in physiologischen, diagnostischen und therapeutischen Konzeptionen. Mit der Medikalisierung des Regierungshandelns gerat die Figur des Arztes in den Blick, dessen medizische Verfahren ein Modell fur die Pragmatik des gouvernementalen Handelns gema den Lehren der Staatsrason liefert. Ausgehend von der Darstellung der Herrschaftstechnik als medizinischer Praxis untersucht Politische Medizin der Fruhen Neuzeit"e; systematisch die Verschrankung von Medizin und Politik im fruhen 17. Jahrhundert, wie sie sich etwa in den Debatten um politische Krisen, Aufstande und Epidemien zeigt. Erganzt um die Analyse des Konnexes zwischen Physiologie und politischer Theorie und dem Diskurs um die Lebensverlangerung von Staaten und Korpern rekonstruiert die Arbeit die umfassende Konzeption der politischen Theorie als praktischer Erfahrungswissenschaft' und steckt den Rahmen zur Erforschung des politischen Korpers neu ab.
Zwischen 1718 und 1740 erschien ein deutschsprachiges Journal in Dialogform, dessen Einfluss auf die europaische Zeitschriftenliteratur lange unterschatzt wurde. An den auerst erfolgreichen Gesprachen in dem Reiche derer Todten"e; wird gezeigt, wie politische Kommentare zum aktuellen Zeitgeschehen mit einem umfassenden historischen Bildungsprogramm und popularen Gesprachsthemen verknupft wurden. Im Gegensatz zu gelehrten und haufig noch lateinischen Zeitschriften boten die deutschsprachigen Totengesprache des Hofhistoriographen und Diplomaten David Fassmann eine eklektizistische Mischung von Themen, Figuren und stilistischen Zitaten, was Zeitgenossen wie Gottsched als Kritiker auf den Plan rief. Trotzdem gehorten die Totengesprache mit zu den erfolgreichsten Organen auf dem europaischen Journalmarkt und losten eine Art Renaissanceder antiken Gattung aus. Gerade an der Darstellung exotischer Figuren wie Suleyman oder Kleopatra wird deutlich, in welchem Spannungsfeld zwischen Eigenem und Fremden sich zeitgenossische Nachrichtenorgane zu Beginn der Fruhaufklarung befanden.
Die Studie widmet sich den fruhen deutschen pikaresken Texten des 17. Jahrhunderts (Albertinus' Gusman"e;, Frewdenholds Guzman. Dritter Theil"e; und der Justina Dietzin Picara genandt"e;), wobei erstmals systematisch die Frage nach spezifischen Moglichkeiten der fruhen pikaresken Romane, Wissen zu formen und zu prasentieren, gestellt wird. Kritisch anknupfend an die bestehende Forschung, die fur die novela picaresca' in Deutschland lediglich eine Adaptation fur die religiose Unterweisung annimmt, konzentriert sich die Arbeit daruber hinausgehend auf die erzahltechnischen und semantischen Spezifika der pikaresken Texte. Ausgehend von einem akteurzentrierten dynamischen Wissensbegriff unterscheidet sie ein narrativ geformtes Erfahrungswissen von einem argumentativ geformten festen Wissen. Auf dieser konzeptuellen Unterscheidung aufbauende erzahlstrukturelle Analysen werden mit der Rekonstruktion und Kontextualisierung von Quellen sowie der Untersuchung verschiedener Modi ihrer Adaptation verknupft. Auf diese Weise erfasst die Studie prazise die diskursive und textuelle Eigenart des pikaresken Erzahlens und leistet zugleich einen Beitrag zur Historisierung der Relation von Wissen und Erzahlen.
Anhand der Bibeldramen Sixt Bircks (1501-1551) lasst sich darstellen, mit welchen Mitteln und Zielen biblische Texte in den Jahren nach der Reformation in Schauspiele transformiert wurden. Im 16. Jahrhundert war dies ein auerst populares Verfahren, um einem groeren Publikum Exempla aus der Heiligen Schrift vor Augen zu stellen. Das dramatische Werk Sixt Bircks beschaftigt sich daruber hinaus mit Fragen des offentlichen Lebens und der Institutionen in einer Respublica christiana - ein republikanisches Gemeinwesen mit Gott an der Spitze. In seinen Dramen spricht sich Birck u.a. fur ein Gerichtswesen nach romischem Vorbild aus und leitet die weltliche Obrigkeit an, wie sie zum Wohl der Respublica christiana beitragen konne.Die Dramen werden in den historischen und geistesgeschichtlichen Kontext ihrer Entstehung eingebunden, wodurch auch Bezuge zu historischen Ereignissen, Entwicklungen und gelehrten Diskursen an den Entstehungsorten Basel und Augsburg hergestellt werden konnen. Die interdisziplinar angelegte Studie betrachtet erstmals eine groere Auswahl der Dramen Sixt Bircks unter dem Aspekt politischer (Neu-)Entwurfe. Dadurch konnen die verschiedenen Aspekte der christlichen Respublica im Zusammenhang betrachtet werden.
Der Rhein und seine angrenzenden Städte und Landschaften blühten als Landschaft einer über lange Jahrhunderte verfassten lateinischen Literatur. Die im Band versammelten Aufsätze zeigen den Rhein als Kommunikations-Achse enormer Dynamik, die die Schweiz und den Niederrhein als Literaturlandschaft, Wirtschaftsraum sowie Schul- und Universitätsregion eng verband. Es werden Wandlungsprozesse aufgezeigt, denen die Topoi der Rheinbeschreibung unterworfen waren: von Topoi, die in der antiken Tradition verwurzelt waren, zu denjenigen, die von ihr Abstand nahmen, um den deutschen Charakter des Rheins auch literarisch zu dokumentieren. Als Grenze zwischen Deutschland und Frankreich diente der Rhein zugleich zum poetischen Ausdruck von Gemeinsamkeit und Verschiedenheit. Gerade die in dieser Tradition stehenden Dichtungen veranschaulichen nicht nur die Bruchlinien des zwischen Universalität und beginnenden nationalen Strömungen oszillierenden europäischen Humanismus, sondern auch die vielfältigen kulturellen Gemeinsamkeiten. Diese liegen v.a. in der Bewahrung einer lateinischen Tradition, die erst im 19. Jh. ihr Ende findet. Weitere Themen sind der Rhein als ¿Schulregion¿ und als Raum der Zirkulation von Drucken und Handschriften.
Obwohl für das Verständnis der Texte hochrelevant, wurde die spannungsreiche Wechselbeziehung zwischen pikarischem Erzählen und ökonomischem Wissen der Frühen Neuzeit bisher nicht systematisch untersucht. Dies ändert die Arbeit, indem sie an Haupttexten der Gattung - vom "Lazarillo de Tormes" (1554) bis zu den ausgreifenden Romanprojekten H.J.C. von Grimmelshausens (um 1622¿1676) und Johann Beers (1655¿1700) ¿ wesentliche Schnittstellen und Konfliktkonstellationen dieser Wechselbeziehung analytisch beleuchtet. Es zeigt sich, dass die Dynamik pikarischen Erzählens, die seine Faszinationskraft bis heute ausmacht, nicht zuletzt aus der in ihm performierten Durchkreuzung etablierter ökonomischer Ordnungsvorstellungen resultiert. In ihrem Handeln und Erzählen machen Picaros ein Anderes der Ökonomie sichtbar, das in engem Zusammenhang mit frühneuzeitlichen Prozessen des Wissenswandels einerseits und der sozialen Funktion von Romanliteratur andererseits steht.
Intermedialität hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Paradigma der Literatur-, Bild- und Musikwissenschaften entwickelt. Phänomene der Medienkombination und -konkurrenz wurden dabei vor allem für Literatur, Musik und Bildende Kunst des 19. bis 21. Jahrhunderts untersucht. Der hier vorliegende interdisziplinäre Band stellt den ersten Versuch dar, intermediale Formen und ihre theoretischen Grundlagen für die Frühe Neuzeit (1500¿1750) zu erfassen. Im Sinne einer literaturzentrierten Intermedialität stehen Wechselwirkungen zwischen der Literatur und den übrigen Künsten im Mittelpunkt. Neben Formen der Bild-Text-Kombination bzw. -transformation wie Emblem, carmen figuratum oder Ekphrasis werden Spielarten musikalischer Intermedialität (Lied, Bühnenmusik, Oper), aber auch die Vorgeschichte der Gesamtkunstwerk-Idee des 19. Jahrhunderts erschlossen. Mit diesem weiten Spektrum füllt der Band nicht nur eine Lücke zwischen historischer Frühneuzeit- und systematischer Intermedialitätsforschung, sondern bildet zudem eine wichtige Grundlage für eine noch zu schreibende Literaturgeschichte der Intermedialität.
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