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Biopolitik reagiert auf Grenzüberschreitungen. Sie reagiert darauf, dass Randbedingungen der menschlichen Natur, die bisher fraglos galten, technisch verfügbar werden. Und sie reagiert darauf, dass kulturell verankerte Deutungen des Menschen durch konkurrierende wissenschaftliche Konzepte in Frage gestellt werden. Das Ergebnis sind moralische Kontroversen und Regulierungsdebatten, in denen es im Kern um die alte Frage geht, ob wir dürfen, was wir können. Sollen die neuen Optionen, die sich für den technischen Umgang mit dem Menschen bieten, freigegeben werden? Oder sollen an die Stelle der faktischen Grenzen des Könnens nun die Grenzen des moralischen und rechtlichen Dürfens treten? Die Analysen in diesem Band zielen auf diese Konfliktarena und fragen nach dem möglichen Beitrag soziologischer Aufklärung zu den dort verhandelten Fragen.
Im Zusammenhang mit der globalen ökonomischen Öffnung der Welt entfaltet sich heute zunehmend der Typ des "Migrationsstaats", der neben Kapital und Gütern auch Menschen zulässt und deren Auswahl nach bestimmten Kriterien zu optimieren versucht (Kapital, Qualifikation, Demografie, Bindung zum Nationalstaat oder zu seinen Angehörigen, politische Präferenzen etc.). Der Band stellt die unterschiedlichen Facetten dieses Prozesses dar. In einem zweiten Teil werden unterschiedliche Migrations- und Integrationsweisen an Hand besonders aussagekräftiger Länderbeispiele verglichen.
Das Thema dieses Bandes ist alles andere als neu. Doch es ist unerschöpflich. Nicht nur, dass es überreichlich Stoff für Reform-und Gegenreformschriften sowie öffentliche Debatten und, nicht zu vergessen, auch ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzungen bietet! Bis auf die Ebene der Flur- und Kneipengespräche unter den unmittelbar Betroffenen hat das Krisengerede seinen unwiderstehlichen Reiz. Diese Rundum-Attraktivität macht es nicht richtiger - aber auch nicht fal scher. Krisenansichten Fangen wir mal so an: Aber klar stecken die deutschen Universitäten - wie eh und je - in einer Krise! Was heißt einer (in Zahlen: I) Krise?! Allem Anschein nach sind es viele, ganz unterschiedliche Krisen, die sich zu einem komplexen Knäuel verstricken. Sie werden in jeweils verschiedenen gesellschaftlichen Kon texten wahrgenommen. Was sich der einen Perspektive als Krise aufdrängt, braucht aus einem anderen Blickwinkel gar nicht aufzufallen. Ebenso differiert, was aus einer Krisendiagnose gefolgert wird. Werden die Universitäten unter Reformdruck gesetzt? Sollen sie sich "modernisieren" -was immer das dann heißen mag? Oder wird eine Restauration vergangener, angeblich glanzvoller Zeiten gefordert? Oder aber kann und will man nur noch schicksalsergeben den endgültigen Abgesang auf die "im Kern verrotteten" - so eine bekannte Einschätzung - Universitäten anstimmen? In den öffentlichen hochschulpolitischen Debatten der letzten Jahre zeigt sich eine eskalierende ungute Polarisierung der Standpunkte. Das ,,Alles muss ganz anders werden!" der einen provoziert geradezu das "Weiter so - bloß mit mehr Geld!" der anderen, und umgekehrt. Vermittelnde Positionen geraten zwischen die Stühle.
The author compares vertical and horizontal systems of policy interdependence. The increasing vertical interdependences in the Federal Republic of Germany since 1969 as well as its consequences are described. It is shown that the efficiency of resource allocation and the capacity for innovation have been restricted. In the case of vertical policy interdependence by contrast with horizontal interdependence, policy programmes can only be developed and implemented on a lower conflict level. Although the present state of the constitution is subject to much critism virtually no proposals for reform have been put forward. An analysis of the bureau cratic and political interests tries to explain why. Anmerkungen Vorliegendes Papier ist eine liberarbeitete Fassung des preprints 1/76-56 des Internatio nalen Instituts flir Management und Verwaltung am Wissenschaftszentrum Berlin. Die seit her erschienene Literatur (insbesondere Lehmbruch 1976) und die von neuem heftig ein setzende Kritik politischer Akteure und Institutionen an der Gemeinschaftsaufgabe besta tigen die Aktualitat des Papiers. 2 Siehe das Schreiben des Bundesministers flir Ernahrung, Landwirtschaft und Forsten yom 28. Juni 1976 an den Bayrischen Staatsminister flir Ernahrung, Landwirtschaft und Forsten, in dem auf diese verwaltungsinterne Anweisung Bezug genommen wird. 3 ebenda S. 1. Die Klirzung der Gemeinschaftsaufgabenmittel war dadurch entstanden, daB innerhalb des Bundeshaushaltes Mittel zugunsten agrarsozialer Ausgabentitel umgeschichtet wurden. 1m Bundestag stimmte die Opposition gegen die Umschichtung und Klirzung, der Bundesrat hat diesem Beschlu~ aber einstimmig zugestimmt. 4 Vgl. Sonderprogramm flir Gebiete mit speziellen Strukturproblemen, in: Structur 3/1974, S. 57 f.
Wie hat sich die Zeitenwende von 1989 auf Deutschland ausgewirkt? Zehn Jahre danach zeigt sich der Übergang von der Bonner zur Berliner Republik vielschichtig und facettenreich. Die deutsche Vereinigung und europäische Integration prägten die Neunzigerjahre ebenso wie der nach 1989 entfesselte globale Kapitalismus. Probleme der Vereinigungspolitik, die neue außenpolitische Lage, der deutsche Alltag, die Gesellschaftsstruktur, das Parteiensystem, Staat und Verwaltung sowie Reformversuche in mehreren Politikfeldern sind Gegenstand der in dem Buch versammelten Analysen und Ausblicke.
Die soziale Welt hat sich seit 1989 grundlegend verändert. Man hatte ein ¿Ende der Geschichte¿ und die weltweite Ausbreitung westlicher Institutionen erwartet. Statt-dessen ist die multizentrische Welt der Vergangenheit zurückgekehrt, in der auch Gesellschaften des globalen Südens eine Rolle spielen. Anhand konkreter Regional- und Länderbeispiele aus Afrika, Asien und Lateinamerika fragt der Band nach der Brauchbarkeit unseres theoretischen Vokabulars, nach angemessenen Kategorien zur Beschreibung langfristiger und grundlegender sozialer Wandlungsprozesse und damit auch nach der möglicherweise zeitlich und räum-lich beschränkten Reichweite dominanter Globalisierungsdiskurse.
Sicherheits- und Überwachungstechnologien etablieren Sichtbarkeitsregime, die sich ihrerseits der Einsehbarkeit und damit der Kontrolle entziehen. Während Bevölkerung und Individuen in neuer Weise lesbar gemacht werden ¿ als Gefahrenträger, die kontrolliert, als Gefährdete, die geschützt, als Konsumenten, deren Präferenzen erhoben, als Angestellte, deren Leistungen evaluiert werden ¿, bleibt die gesellschaftliche Funktionalität der Technik zu dechiffrieren. Im Zeichen von Prävention vollzieht sich ein radikaler Innovationsschub, der die Verfasstheit liberaler Gesellschaften in Frage stellt und traditionelle Grenzziehungen auf dem Feld der Sicherheit untergräbt. Kriminalität, Terrorismus, Krieg und Naturkatastrophen werden zu einem Kontinuum der Bedrohung verknüpft. Neben den staatlichen Organen treten private Sicherheitsagenturen, Anwender von Sicherheitstechnologien wie Verkehrsunternehmen, kommerzielle Datensammler und die Think Tanks der Sicherheitsforschung. Der Sonderband nimmt dieses Zusammenspiel von Akteuren, Technologien und strategischen Wirkungen ebenso in den Blick wie die gesellschaftlichen Bewegungen, die Privatheit als Residuum gegen Überwachung und Kontrolle neu entdecken.
41 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik und im Übergang zu einem vereinten Deutschland ziehen die Autoren, durchweg bekannte Politik- und Sozialwissenschaftler, in zentralen Bereichen der "alten" bundesrepublikanischen Politik Bilanz und versuchen, Perspektiven aufzuzeigen. Eine wichtige Frage hierbei ist, ob Regierungswechsel einen nachhaltigen Einfluß auf die Entwicklung sowohl des Regierungssystems insgesamt als auch auf die einzelnen Politikfelder ausüben konnten oder ob nicht Kontinuität, d. h. ein Prozeß "kumulativer" Politikentwicklung, prägend war.
Wie es der Mangel der Sozialwissenschaften ist, daB sie der psychologischen Seite gesellschaftlicher und politischer Prozesse keine Aufmerksamkeit schenk en, so ist es umgekehrt ein Mangel der Psychologie, daB sie dazu neigt, ihren Gegenstand von allen sozialen und geschichtlichen Bezugen zu isolieren. Das gilt so gar fur jenen Zweig der akademischen Psychologie, der sich unter der Bezeichnung Politische Psychologie in den USA schon seit langem groBes Ansehen erworben hat und sich in den letztenJahren auch in der Bundesrepublik starker hat etablieren konnen. Wo die Sozialwissenschaften die Gesellschaft auf ein auBeres Zwangsverhaltnis reduzie ren, da lost diese traditionelle Politische Psychologie die gesellschaftliche und poli tische Objektivitat in ein Verhaltnis zwischen Individuen auf. Sie entwickelt Parame ter fur Arbeitszufriedenheit und Resignation, fur Materialismus und Postmaterialis mus, fur Konventionalismus und Idealismus, ohne diese Bestimmungen auf objek tive Zwange, Versagungen und Anpassungsleistungen, die sie erst verstandlich ma chen wurden, zu beziehen. Ihr Ideal ist es, jeden Pendelschlag des menschlichen Ver haltens und Denkens zu quantifizieren und tabellarisch festzuhalten. So verwandelt sie die Gesellschaft in ein Konglomerat von abfragbaren subjektiven Meinungen und Werthaltungen und versteht unter Politischer Psychologie folgerichtig nichts ande res als eine wissenschaftliche Technik der Meinungsumfrage. Der kritischen Politis chen Psychologie, wie sie im vorliegenden Band prasentiert wird, liegt ein anderes Selbstverstandnis zugrunde.
Dass Geld nicht nur Träger von "Kaufkraft" ist, sondern seinem Besitzer Macht verleiht, ja, dass es sich seines Willens und seiner Seele selbst bemächtigt, war zu allen Zeiten ein zentrales Thema der schönen Literatur. Für Shakespeare war Geld das "stärkste Gift", für George Bernhard Shaw "das Allerwichtigste auf der Welt", für Robert Musil "das Maß aller Dinge" (Weimer 1994). Die Aufmerksamkeit, die das Thema Geld in der Poesie immer genossen hat, hat in der Wissenschaft freilich bis heute nur wenig Widerhall gefunden. Für die Soziologie beschreibt Ganßmann (1996, S. 17) die Situation treffend wie folgt: "Weil es als normal gilt, daß fast das ganze soziale Leben am Tropf des Geldes hängt, richtet sich die soziologische Aufmerksamkeit kaum auf diese Normalität, eher auf verbliebene nicht-monetarisierte Bereiche, etwa die zarten Pflänzchen der Lebenswelt, oder die schon seit Beginn der modernen Gesellschaft bedrohten, 'letzten' moralischen Ressourcen". Auf die Frage nach dem Geld pflege der Soziologe zu antworten: "Dafür bin ich nicht zuständig. Der Kollege von nebenan kommt gleich". Aber, so stellt sich bald heraus: Auch der "Kollege von nebenan", nämlich der Ökonom, weiß zum Geld nicht allzu viel zu sagen. Die Wirtschaftstheorie betrachtet das Geld als Wertmaß und Tauschmittel. Man geht von der Vorstellung eines "realen" Tausches von Gütern gegen Güter aus, der - im Gleichgewicht - zu einer bestimmten Struktur der geldlos gedachten relativen Preise führt. Das Geld wird erst im zweiten Schritt eingeführt: als eine "Notlösung" (Aglietta 1993, S.
Stabilität und Wachstum von Großstädten hängen seit jeher von der Zuwanderung ab. Kamen früher die Zuwanderer "vom Land", so kommen sie heute und zukünftig aus dem Ausland. Die zivilisatorische Bedeutung der Stadtkultur besteht darin, die soziale und kulturelle Integration von Zuwanderern zu ermöglichen, ohne die Aufgaben der mitgebrachten Identität zu erzwingen. Großstädte sind immer multikulturell. Wie die daraus sich ergebenden Spannungen bewältigt und verarbeitet werden - ob produktiv durch kulturelle und ökonomische Innovation, ob regressiv durch Abwehr und Fremdenfeindlichkeit -, ist zu unterschiedlichen Zeiten durchaus verschieden und hängt von beiden Seiten ab: von den Regeln und dem Verhalten der aufnehmenden Stadtgesellschaft einerseits, von den Aspirationen und Selbstdefinitionen der Zuwanderer andererseits. In diesem Band sind Beiträge aus verschiedenen Ländern versammelt, die Integrationsprozesse und Konflikte in den Bereichen Arbeit, Wohnen und Politik analysieren sowie Strategien der symbolischen Repräsentation und des Überlebens in der Illegalität behandeln.
1. Institutionenwandel ist uns seit dem Umbrüchen in Mittel-, Ost-und Südosteuropa ein vertrautes Phänomen geworden, das wir mit Anteilnahme, Hoffnung und Sorge verfolgen. In der Wissenschaft ist der große Zweig der Transformationsfor schung entstanden, der den Übergang der ehemals sozialistischen Gesellschaften in eine Zukunft mehr oder weniger westlichen Musters in all seinen Problemen aufarbeitet. Nicht zuletzt das Sonderheft 1995 des Leviathan hat diese Forschungen dokumentiert. Das vorliegende Heft soll diese Arbeiten nicht duplizieren. Es scheint vielmehr an der Zeit, sich klarzumachen, oder besser, sich wieder daran zu erinnern: daß Institutionenwandel ein umfassendes Phänomen ist, welches uns historisch stets begleitet und auch in der Gegenwart überall in der Welt anzutreffen ist. Die Erweiterung des Blicks über die Transformationsforschung hinaus soll vor Augen führen, daß der in vielfältigen Formen auftretende Institutionenwandel einer der wichtigsten Faktoren ist, um Gesellschaft und Politik in ihrer Dynamik zu begreifen. Institutionenwandel haben wir in den Umbrüchen in Mittel-, Ost und Südosteuropa, aber ebenso im Zuge der europäischen Integration, in den Veränderungen der Dritten Welt und in der Entwicklung der internationalen Re gime und Organisationen. Der Wandel ist nicht immer so sichtbar wie in der Folge des Niedergangs real existierender sozialistischer Systeme. Institutionenwandel kann sich abrupt voll ziehen, er kann aber auch eher unmerklich vonstatten gehen und doch erhebliche Auswirkungen haben. So im Zuge der europäischen Integration. Daß neue Insti tutionen geschaffen und somit Institutionenwandel in Europa beabsichtigt und erreicht wurde, ist nur die eine Seite.
Über die Grenzen des Sozialversicherungsstaates wird nicht erst seit der Zunahme der sozialen und finanziellen Belastungen, die mit der deutschen Einheit verbunden sind, diskutiert. Der demographische Wandel gibt Anlaß zu weitreichenden Spekulationen über die Zukunft der Rentenversicherung, die Gesundheitsreform und die Einführung der Pflegeversicherung verunsichern den historischen Kompromiß zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen. Schließlich stellt die steigende Armut und Sozialhilfeabhängigkeit die Verteilungswirkung des Sozialversicherungssystems in Frage. Die Autoren analysieren die Leistungsfähigkeit der Sozialversicherungssysteme und skizzieren Entwicklungsmöglichkeiten des modernen Sozialstaats.
Im Ost-West Verhältnis spielt die Versagung von Technologietransfers, nicht nur im Rüstungsbereich, hin und wieder eine das Tagesgeschehen bestimmende Rolle. Die wissenschaftliche Analyse der internationalen Politik hat erst spät begonnen, über Fallstudien hinaus den Handel mit Hochtechnologie oder sein Verbot systematisch zu untersuchen. Dieser Sammelband nutzt nun theoretisch anspruchsvolle Hilfsmittel der neuesten politikwissenschaftlichen Methodikfür eine breit angelegte Studie dieses Problemfeldes. Neben dem Ost-West-Verhältnis steht im Zeichen von Entwicklungs- und Umweltpolitik dabei das Nord-Süd-Verhältnis im Vordergrund der Betrachtung
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