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Für die baltischen Länder ist Bildung ein Schlüsselthema, das ihre Geschichte und ihr Selbstverständnis sowohl im Hinblick auf die Fremdbestimmung als auch auf die eigene Staatenbildung betrifft. Im Zuge von Handelskontakten, Christianisierung, Ordenskriegen und Rechtsimport gerieten die autochthonen Völkerschaften des baltischen Raums unter kulturelle, sprachliche und politische Einflüsse unterschiedlichen Gewichts. Sie waren dadurch zum Teil gewaltvollen Formierungsprozessen ausgesetzt. Im vorliegenden Band wird das Baltikum in Geschichte und Gegenwart aus der Perspektive eines weit gefassten Bildungsbegriffs untersucht. Die Beiträge stammen aus der Feder von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Estland, Lettland, Litauen und Deutschland, insbesondere der Germanistik, aber auch der Geschichte, Bildungsgeschichte, Rechtsgeschichte, Slavistik und Komparatistik. Der Band zeigt wesentliche Aspekte der baltischen Bildungsgeschichte und ihrer Narrationen an beispielhaften Analysen und Fallstudien für alle drei baltischen Länder auf.
1782 kam es in Zürich zu einem denkwürdigen Zusammentreffen: Herzog Peter Friedrich Ludwig von Oldenburg mit seiner Frau Friederike von Württemberg und der russische Zar Paul I. mit seiner Gemahlin Maria Fjodorowna, der Schwester Friederikes, lernten Johann Caspar Lavater kennen. Dieser war der Hauptvertreter der damals populären Physiognomik, nach der von äußeren Merkmalen, insbesondere des Gesichts, auf die Charaktereigenschaften eines Menschen geschlossen wurde. Die "Vier Unvergesslichen", wie Lavater das illustre Gespann nannte, waren von diesen physiognomischen Studien fasziniert. Auch der Oldenburger Hofmaler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein stand mit Lavater in engem Kontakt und fertigte selbst Tier-Mensch-Physiognomien an. Ausgehend von der Begegnung in Zürich erzählt der Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung erstmals umfassend die faszinierende Geschichte der "Vier Unvergesslichen" und widmet sich den vielfältigen, intensiven Beziehungen zwischen Oldenburg und Russland.
Wie auch immer ein "Neuanfang" einzelner Autoren nach 1945 ausgesehen hat, er war wohl in keinem Fall geprägt von einem definitiven gedanklichen Schnitt mit der Zeit vor 1945, was die poetologische und ästhetische Ausrichtung sowie die gehaltliche Füllung ihrer Werke betrifft. Insgesamt reicht das Spektrum der Schreibstile, die vor und nach 1945 Verwendung fanden, von Neuromantik, Neuer Sachlichkeit bis hin zu Symbolismus, Neuhumanismus oder einem radikalen Verismus. Die Beiträge dieses Sammelbands spüren dieser Umbruchsituation anhand einzelner Beispiele nach. Es werden 27 monographische Analysen von Autoren mit Wurzeln und Wirkungsorten im westlichen und östlichen Europa geboten, so dass ein vielfacettiges "Bild" der literarischen Situation um 1945 entsteht. Durch die stringente Fokussierung der Analysen auf die Auswirkung der Schwellensituation 1945 auf Ästhetik und Poetologie entsteht ein dichtes Bild der hochkomplexen literarischen Situation, die sich nicht durch Überblicksdarstellungen beschreiben lässt.
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