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Möhrings wohnten Georgenstraße 19 dicht an der Friedrichsstraße. Wirt war Rechnungsrat Schultze, der in der Gründerzeit mit dreihundert Talern spekuliert und in zwei Jahren ein Vermögen erworben hatte. Wenn er jetzt an seinem Ministerium vorüberging, sah er immer lächelnd hinauf und sagte: »Gu'n Morgen, Exzellenz.« Gott, Exzellenz. Wenn Exzellenz fiel, und alle Welt wunderte sich, daß er noch nicht gefallen sei, so stand er, wie Schultze gern sagte, vis-à-vis de rien, höchstens Oberpräsident in Danzig. Da war er besser dran, er hatte fünf Häuser, und das in der Georgenstraße war beinah schon ein Palais, vorn kleine Balkone von Eisen mit Vergoldung. Was anscheinend fehlte, waren Keller und natürlich auch Kellerwohnungen, statt dessen lagen kleine Läden, ein Vorkostladen, ein Barbier-, ein Optikus- und ein Schirmladen in gleicher Höhe mit dem Straßenzug, wodurch die darüber gelegene Wirtswohnung jenen à-deux-mains-Charakter so vieler neuer Berliner Häuser erhielt. War es Hochparterre oder war es eine Treppe hoch. Auf Schultzes Karte stand: Georgenstraße 19 I, was jeder gelten ließ mit Ausnahme Möhrings, die je nachdem diese Frage entschieden wurde, drei oder vier Treppen hoch wohnten, was neben der gesellschaftlichen auch eine gewisse praktische Bedeutung für sie hatte.
Eitelkeit ist Ökonomie; man sollte sie nicht tadeln, sie ist eine Tugend. Der Eitle legt täglich einige kleine Befriedigungen seiner Eigenliebe zurück und bringt so endlich einen kleinen Schatz zusammen. Auch hat man unrecht, zu behaupten, daß sich nie wahre Verdienste zur Eitelkeit gesellten; man kann sehr reich sein und geizig zugleich. Von zwei Menschen mit gleich großen Verdiensten, von welchen der eine eitel ist und der andere was man bescheiden nennt, ist im Grunde der eitle bescheidener als der bescheidene. Der letztere weiß, daß er reich ist, und denkt, es könne ihm an Ruhm nicht mangeln, sooft er ihn brauche; der andere ist vorsichtig, traut seinen Verdiensten nicht und spart. Wenn Ruhmbegierde eine Tugend ist, ist es Eitelkeit auch; denn sie ist die Scheidemünze der Ruhmbegierde. Daß wir mit eiteln Menschen ungern umgehen, beweist nichts für ihren Fehler, sondern für unsern. Wir meiden sie aus gleichem Grunde, als wir die Armen meiden; wir fürchten immer, sie möchten etwas von uns verlangen.
Zu dir, Livonen-Schweiz, hinan, Und deiner Vorzeit Leben: Lass mich, auf Clio's treuer Bahn, Den Sänger-Flug erheben! Wo schimmern dort, von Sonnengold Und Abendroth beschienen: Kremon, Thoreida, Segewold, In klagenden Ruinen; Wo seit dem Blutwerk' ihrer Schlacht, Herab in Blumen-Auen, Von ihrem Thurm bei Mitternacht, Die todten Ritter schauen; Wo Feinde nun ein Grab versöhnt; Und, auf der Vorwelt Leichen, Der Hügelreihen Stirne krönt Ein Bürgerkranz von Eichen; Wo Flora's holde Kinder mir Das Pfühl zum Lager breiten; Pomona dort, und Ceres hier, Ein Erntefest bereiten; Wo nach Mäander-Krümmen-Tanz Des Stromes, die Najade, Bei lauer Welle Silberglanz, Dem Amor winkt zum Bade; Wo aus der Felsengrotte spricht Der Heidenwelt Sibylle; Und bei Dryaden Kränze flicht Die Muse der Idylle; Wo hell, zum Morgenstern empor, Der Haine Lieder wallen; Und Wehmuth schwelgt im Tausendchor Von Hölty-Nachtigallen: Zu dir hinan, Livonen-Schweiz! Nach deiner Vorzeit Leben, Und deiner Anmuth Blüthenreiz', Will ich den Flug erheben. Thoreida sei des Fluges Ziel! Asträa soll mich führen! Ein Opfer, das dem Herrn gefiel, Soll tief die Seele rühren! Nicht Männer aus der Ritter Zahl, Gegossen wie von Eisen; Nicht Helden von Granit und Stahl, Will meine Harfe preisen: Der Weltgeschichte stolze Macht Hat ihren Kranz gewunden; Sie kann nicht leben ohne Schlacht, Nicht ohne Völker-Wunden! Ihr Griffel hat so manchen Wicht Gigantisch aufgemessen; Und mancher stillen Grösse Licht, Das Welten strahlt, vergessen! Die Jungfrau, die mein Lied erkor, Zum Preis und Ehrenmale: Sie trat aus öder Nacht hervor; Nicht aus dem Marmorsaale. Es war, in Gottes freier Luft, Ein Schlachtfeld ihre Wiege; Das Brautgemach die Todtengruft; Ihr Tod ein Sieg der Siege! Hat gross in Rom Lucretia Die Schmach in Blut begraben: So steht die Deutsche grösser da, Und fleckenlos erhaben. Entweiht nur sank in Todeshand Die römische Matrone: Doch sie, Livona's Tochter fand, Im Tod die Martyrkrone! Dort muss ein Frauentod dem Staat' Die Freiheit vorbereiten: Doch meiner Jungfrau Heldenthat Entschwand dem Buch' der Zeiten! Sie lag, im Zweijahrhundertlauf', Der Nächte Nacht zum Raube; Da stieg sie neuem Leben auf, Aus Moderschutt und Staube. Und Jener, dem die That gelang, Der Welt sie neu zu geben: Er möge nun im Lobgesang, Wie seine Jungfrau, leben!
PETRONELLA. Ihr Leute denckt nur / was mir vor ein Hauß-Creutz gleich den ietzigen Abend über den Hals kömmt! Ich dachte mein Mann wäre noch so gut: Ich hatte ihm lassen ein Gerichte Pültze machen / / ja mein Seele / ich hatte sie die gantze Nacht im Backofen stehen / daß sie recht ausschwitzen solten. Ich hatte auch anderthalb Schock Wasser- Nüsse so hübsch im Wasser lassen aufquellen / daß ich dachte / der Narr würde mir heute keinen bösen Abend machen. Nun / stehet irgend ein böses Zeichen im Calender / daß er meines Mägdels halber Händel anfängt. Denn da giebt sich ein Freyer an / und das lose Ding war schon vor anderthalb Jahren reverenter 14. Jahr alt: Ich dächte wer so ein Misthäuffel vor der Thür hätte / der möchte den Leuten noch Geld zugeben / daß er mit Einen weggeschaffet werde. Je nu / ich will doch sehen / was draus wird. Ich dencke doch immer eine Mutter hat über die Tochter mehr zu befehlen.
Wenn man hinuntersteigt in die dämmerigen Gänge des Berliner Aquariums, eindringt ins Bereich der »purpurnen Finsternis«, dann verhallt, je weiter wir dringen, hinter uns der Lärm des Lebens, aus dem wir von droben kommen. Stille wird um uns her, die Lautlosigkeit des Schweigens ¿ endlich machen wir Halt: nun sind wir am Grunde des Meeres. Es umfängt uns die Welt, in der es keine Stimmen mehr gibt, keine Töne und Geräusche, die stumme, die taube Welt der unendlichen Tiefe. Glasscheiben zu den Seiten des Wegs spenden ein mattes, bläuliches Licht. Die Fenster sind es der unterirdischen Behausung. Aber diese Fenster blicken nicht in den Himmel, sondern ins Wasser; in schwerer, zwischen den Wänden der Behälter aufgestauter Masse steht Meeresflut hinter den gläsernen Scheiben. Tageslicht, von fern herabsinkend,durchleuchtet mit gebrochenem Schimmer den flüssigen Kristall. Und in diesem Kristall, da sind sie nun, da leben, ruhen und bewegen sie sich, die wundersamen Geschöpfe der wundersamen Welt. Diese Pflanzen, die halb noch Pflanzen und halb schon Tiere, am Grunde wurzeln und doch mit unheimlicher Gier die Armbüschel aufrecken, wenn die Fleischbrocken herabsinken, mit denen sie gefüttert werden, diese Fische, die mit klappenden Kiemen, mit großen, runden, glotzenden Augen vorüberziehn. Geschöpfe, so farblos die einen, daß man sie vom Boden nicht unterscheidet, in dem sie lagern, und andere wieder so farbenprächtig, als hatte ein Sonnenstrahl mit allen sieben Farben des Regenbogens sich herunter verirrt und zum Körper verdichtet; Lebewesen, wie aus Hauch zusammengeblasen die einen, und wie plumpe Knorren und Baumstrünke die anderen: Krebse, die auf krummen, spitzen Schneiderbeinen durch den Sand waten, und mächtige Seeschildkröten, die mit flossenartigen Füßen umher rudern, als fächelten sie sich Luft. Und das alles ohne einen Ton, einen Laut, eine Welt, in die man hineinsieht und von der man nichts hört. Lautlos alle Kundgebungen dieses geheimnisvollen Lebens, die friedlichen, wie die feindseligen. Denn manchmal geschieht es, daß da drunten eines über das andere herfällt. Dann entsteht ein Kampf, manchmal auf Leben und Tod; und auch das geht lautlos vor sich, ein stummes Ringen, Würgen, Töten und Getötetwerden.
»Weißt du, Grete, wir haben ein Nest in unserm Garten, und ganzniedrig, und zwei Junge drin.«»Das wäre! Wo denn? Ist es ein Fink oder eine Nachtigall?« »Ich sag es nicht. Du mußt es raten.« Diese Worte waren an einem überwachsenen Zaun, der zwei Nachbargärten voneinander trennte, gesprochen worden. Die Sprechenden, ein Mädchen und ein Knabe, ließen sich nur halb erkennen, denn so hoch sie standen, so waren die Himbeerbüsche hüben und drüben doch noch höher und wuchsen ihnen bis über die Brust.»Bitte, Valtin«, fuhr das Mädchen fort, »sag es mir.« »Rate.« »Ich kann nicht. Und ich will auch nicht.«»Du könntest schon, wenn du wolltest. Sieh nur«, und dabei wies er mit dem Zeigefinger auf einen kleinen Vogel, der eben über ihre Köpfe hinflog und sich auf eine hohe Hanfstaude niedersetzte.»Sieh«, wiederholte Valtin. »Ein Hänfling?« »Geraten.«
Romeo- Auf meine Ehre, das will ich: Laß mich dieses Gesicht in der Nähe besehen¿Mercutio's Vetter! der edle Graf Paris! was sagte mir mein Diener unterwegs, indem meine im Sturm herumgewälzte Seele nicht darauf Acht gab, was er sagte¿Mich däucht, er erzählte mir, Paris habe Julietten heurathen sollen. Sagte er das nicht? oder träumte mir's nur? Oder bin ich unsinnig, daß ich mir einbilde es sey so, weil ich ihn so zärtlich von Julietten reden hörte?¿O gieb mir deine Hand, du, den das Schiksal in mein Unglük verflochten hat, ich will dir ein beneidenswürdiges Grab gewähren¿Ein Grab? O nein, eine Glorie, ermorderter Jüngling; denn Juliette ligt hier, und ihre Schönheit erfüllt diese grauenvolle Gruft mit Licht und Herrlichkeit; Todter, lige du hier, von einem Todten begraben.(Er legt ihn in die Gruft.)Wie oft ist es schon begegnet, daß Sterbende kurz vor ihrem lezten Augenblik noch aufgeräumt gewesen sind¿O gönne mir noch einen solchen Augenblik!¿Meine Geliebte, mein Weib, der Tod, der den Honig deines Athems aufgesogen, hat noch keine Gewalt über deine Schönheit gehabt; du bist nicht besiegt; noch schwebt die purpurne Fahne der Schönheit auf deinen Lippen und Wangen, und die blasse Flagge des Todes ist hier noch nicht aufgestekt¿Tybalt, ligst du hier in deinem blutigen Leichen-Tuch? O was kan ich mehr thun, wie kan ich dich besser rächen, als eben diese Hand, die dein jugendliches Leben geendigt hat, gegen deinen Mörder zu gebrauchen? Vergieb mir, theurer Vetter!¿Ach! liebste Juliette, warum bist du noch so schön? Soll ich glauben, der unwesentliche Tod sey in dich verliebt worden, und das dürre scheußliche Ungeheuer unterhalte dich hier im Dunkeln, um seine Liebste zu seyn? Aus Furcht es möchte so seyn, will ich immer bey dir bleiben, und von diesem Augenblik diesen Palast der düstern Nacht nimmermehr verlassen; hier, hier will ich bleiben, bey den Würmern, die deine Kammer- Mädchen sind; hier will ich eine immerwährende Ruhe finden, wenn ich das tyrannische Joch erboßter Sterne von diesem Lebens- überdrüssigen Fleisch abgeschüttelt habe¿Mein Auge, sieh' sie zum leztenmal an; umfanget sie zum leztenmal, meine Arme, und ihr, siegelt, o meine Lippen, mit dem lezten Kuß dem wuchernden Tod eine Verschreibung, die nie wieder abgelößt werden kan¿Diß, meine Liebe, trink ich dir zu!¿o ehrlicher Apotheker,
Braka, die alte Zigeunerin im zerlumpten roten Mantel, hatte kaum ihr drittes Vaterunser vor dem Fenster abgeschnurrt, wie sie es zum Zeichen verabredet hatte, als Bella schon den lieben vollen dunkelgelockten Kopf mit den glänzenden schwarzen Augen zum Schieber hinaus in den Schein des vollen Mondes streckte, der glühend wie ein halbgelöschtes Eisen aus dem Duft und den Fluten der Schelde eben hervor kam, um in der Luft immer heller wieder aus seinem Innern heraus zu glühen. »Ach sieh den Engel«, sagte Bella, »wie er mich anlacht!« »Kind«, sprach die Alte, und ihr schauderte, »was siehst du?« »Den Mond«, antwortete Bella, »er ist schon wieder da, aber der Vater ist wieder nicht nach Hause gekommen.
NEURATH. Ich habe zu bittenHORFMANN. Wird nicht geschehen.NEURATH. Ich weiß, was Ihnen von nun an gebührt, Herr Haushofmeister!HORFMANN. Ihr gehorsamster Diener, Herr Gerichtshalter! Künftig wie bisher.NEURATH tritt ein und geht vor.HORFMANN. Also ist nun alles in Richtigkeit. Herr von Delomer haben wirklich das hochgräfliche Gut Ihro Excellenz dem Herrn Grafen Warbing abgekauft?NEURATH. Alles richtig. Heute, als an des jungen Herrn Baron von Dominique Geburtstage wird die förmliche Uebergabe hier auf dem Schlosse vor sich gehen.HORFMANN. Gewiß?NEURATH. Ganz gewiß. Die. gräfliche Herrschaft ist deshalb unterweges.HORFMANN. Der junge Herr von Dominique wissen gar nichts davon, daß Ihr Herr Schwiegervater, der Herr Baron von Delomer, das gräfliche Gut kaufen, darauf schwöre...
»Vater!« rief Gesine Larsen laut über den Hof. Sie bekam keine Antwort.Einen Augenblick blieb sie noch in der Tür stehen, die vom Hause nach dem Hof führte, und sah sich nach allen Seiten um, da aber nirgends etwas zu hören oder zu sehen war, ging sie nach dem Kuhstall hinüber.Es war Melkzeit. Line, das Jungmädchen, lachte natürlich gerade und versetzte der ¿Schwarzlotte¿ einen Schlag, weil sie nicht stillstehen wollte. Die beiden wurden immer nicht so recht miteinander fertig. Sie waren wohl beide noch nicht gesetzt und bedächtig genug.»Hest Vater nich' 'sehn?« rief Gesine ihr zu.»Nee!«Sie ging nun weiter, den Mittelgang entlang bis zum Jungvieh, wo sie jemand herumhantieren hörte. Es war der Kuhknecht, der beim Füttern war. Nun wiederholte sie ihre Frage und bekam die gleiche Antwort. Jens Larsen war nicht da und war auch nicht dagewesen. Sie hatte es nicht sehr eilig und blieb noch bei den Kälbern stehen.»De von de Bleß hett sick ober rutmakt,« meinte sie.»Jawoll, dat's nu unser Best,« sagte der Knecht.»Na, komm!« Sie wollte dem kleinen, rotbraunen Kalbe den Kopf krauen, aber es nahm die Liebkosung ungnädig auf, stemmte sich mit seinen steifen, dünnen, ungeschickten Beinen fest gegen den Boden und schob den ganzen Oberkörper so weit zurück, wie es ihm möglich war.
Die kleine Prinzessin Marie war 6 Jahr alt und führte ein glückliches Leben. Alle Welt war ihr gut und Jedermann bemühte sich, ihr Freude zu machen. Täglich wurden kleine Mädchen eingeladen, mit denen sie im schönen Wagen spatzieren fuhr und mit schönen Spielsachen spielte.Die Spielsachen waren aber ganz außerordentlich schön. Sie hatte unter Anderm eine Puppenstube, welche so groß war, daß nicht nur die Puppen, sondern auch deren Besitzerin, nebst zwei ihrer Freundinnen darin Platz fanden. Kanapee, Stühle und der Tisch waren so eingerichtet, daß die Kinder sich ihrer bedienen konnten und oft wurde dort in Gesellschaft der Puppen von verschiedener Größe Chocolade getrunken. Der kleine Hund Joly wurde bei solchen Gelegenheiten ebenfalls eingelassen und erhielt einen Platz auf dem Kanapee, von wo aus er mit wahrhaft menschlicher Grazie, ebenfalls Chocolade trank und Bisquit fraß. Wenn er sich zuweilen vergaß und sich allzu gefräßig zeigte, so wurde er ernstlich ermahnt und das Prinzeßchen drohte mit dem Finger.Die Puppen waren indeß von verschiedener Größe und von ganz verschiedener Art. Da sah man eine große Puppe als Königin angethan, mit einer goldenen Krone auf dem Kopf und dem Hermelinmantel um die Schultern. Neben ihr saß das Bauermädchen in der Landestracht, mit Bändermütze, kurzem Rock und goldgesticktem Latz. Ein kleiner Knabe und ein kleines Mädchen waren in den kurzen Flügelkleidern und weißen Beinkleidern mit den runden Strohhüten sehr hübsch anzusehen. ¿ Außerdem gab es auch Puppen in Haus- und Ball-Kleidern und alle hatten ihre besondere Garderobe. Viele davon besaßen sehr schönes langes Haar, und es gewährte den Kindern große Freude, solches zu kämmen und zu flechten; andere hatten blos Locken, was ihnen auch sehr gut stand.
Wenn unsre deutsche Schauspielkunst, Nicht Eines Fürsten Schutz, nicht Eines Höflings Gunst Durch ganz Germanien sich kaum zu rühmen wußte; Bald Gallien durch Witz, bald Welschland durch Gesang, Wo sie kaum athmete, sie wiederum verdrang: Wenn man das kleinste Lob der armen Kunst versagte, So bald sie sich nur zu gefallen wagte: Was Wunder, daß sich nie ihr Lob Zu jener Bühnen Stolz erhob? Daß Deutschlands Dichter selbst Cothurn und Soccus scheuten, Und jeden Schritt, den sie darauf gethan, bereuten? Allein, wenn dieser Kunst ein Thron selbst Schatten giebt; Wenn der, der diesen schmückt, sie schützt, belohnt, und liebt, Sich, als ein Patriot an ihrem Spiel ergötzet, Und sie nicht nur nach dem, was sie bereits gethan, Nein; nach der Hoffnung auch, was sie einst werden kann, Nach ihrem Fleiß, nach ihren Kräften schätzet: Nicht junge Dichter unsrer Bühnen Mit Molieren und Racinen, Mit Sophoklen und Shakspearn mißt, Und keine Hinderniß vergißt, Die ihren schweren Lauf noch hier und da verschließt: Wie muß sich da Thalia freuen, Sich auch auf unbetretner Bahn Solch' einem Throne sich zu nahn, Und Weihrauch ihm, so gut sie kann, zu streuen! Durchlauchtge Herzoginn! wer denkt, wer nennt nicht Dich, Sobald man unser Schauspiel nennet? Wer denkt nicht an den Schutz, den Deine Huld ihm gönnet? Und wie erfreut die Muse sich, Mit jenem sich freundschaftlich zu vereinen, Und Hand in Hand vor Dir, o Fürstinn, zu erscheinen! Die Huld Amaliens verschmäht die Blume nicht, Die diese jetzt auf fremden Wiesen bricht, Und in den Strauß einheimscher Kräuter flicht! Wie könnte Sie ein Spiel verschmähen, Wo wir der Einfalt edles Herz, Bey einem ländlich freyen Scherz In seiner ganzen Unschuld sehen, Für seinen Fürsten es voll Liebe brennen sehen? Denn sagt Ihr nicht Ihr Herz entzückt, Was alle die, die Ihren Schutz genießen, Die Sie umher durch weise Huld beglückt, Für Sie bis in den Hütten fühlen müssen? Sie kann kein Spiel verschmähn, wo sich ein König zeiget, Der seiner Bürger Freund, Vertrauter, Vater ist, Der Reichthum und Geburth vergißt, Wann durch Gewalt, Verrätherey und List
Mein Niemand laß mir zu / daß ich den Namen schreibe / Darauff diß Werck beruht; denn was mein Spiel verlacht / Und was die Feder meint / das ist auf dich gedacht: Gestalt ich allezeit dein stiller Feind verbleibe. Du bist mein eintzigs Ziel / du must getroffen seyn; Und noch zum Uberfluß hab ich die Macht genommen / Daß dein Gedächtnüß soll in diese Zuschrifft kommen / Derhalben sey vergnügt / und geh es willig ein. Du bist der Unglücksmann / der allen Staat verkehret / Der Aempter machen kan / der allen Trug erdenckt / Der Gifft und Gaben nimmt / und doppelt wieder schenckt / Der endlich Geld und Glück in solcher List verzehret. Man schaue nur das Volck der lieben Menschen an / So weit als Jemand wohnt; wird Jemand wol gefraget / Der folgends solche That zur Antwort von sich saget? Und also bleibts darbey: Herr Niemand hats gethan. Der Schaden lieget da. Der Nechste wird betrogen / Ein Armer teuschet sich in seiner Zuversicht / Gesetzt ob Ihm das Glück ein süsses Ziel verspricht. Wer da? Herr Niemand hat den Fuchs Peltz angezogen. Indessen hoff ich noch / daß Jemand in der Welt /
Aus den Intrigen, welche die erste Aufführung des »Tartüffe« von Molière verhindern sollten, einen neuen »Tartüffe« zu bilden, hatte schon Goldoni versucht. Ohne diesen Vorausgang unter den hundert Lustspielen und Possen des Venezianers zu kennen, las ich das betreffende Stück erst, als meine Arbeit bereits vielfach gegeben war. Der Richtung seiner Zeit und den strengen Theatergesetzen eines Jahrhunderts gemäß, wo in Rom die Frauenrollen noch von Männern gespielt wurden, hielt sich Goldoni, ohne die Heuchelei im Lichte seiner Zeit schärfer auszuführen, an dieselbe enge Familiensphäre, in welcher sich der Scheinheilige bei Molière bewegt. Seine Wiedergabe der Molièreschen Fabel scheint mir frostig zu sein. Vorstehendes Lustspiel wurde im Sommer 1844 geschrieben und nahm seine nächste Veranlassung aus dem Geist und den Kämpfen der damaligen Zeit. Am Bundestage, in Österreich, in Sachsen, in Preußen waren die Bücher-, Zeitungs- und Dramenverbote an der Tagesordnung. Rücksichtslos gingen die polizeilichen Maßnahmen über die Lebensinteressen der Autoren hinweg. Eine kalte, mumienhaft vertrocknete Praxis der Zensurbehörden kümmerte sich um keine Bitte, keine Versicherung, die Harmlosigkeit der ihnen vorgelegten Erfindungen betreffend; in Preußen herrschte eine Koterie höherer Polizei- und Regierungsbeamten, deren oberster Chef, Tzschoppe, mit fixen, man könnte sagen, Alba-Ideen und schon als ein Irrer umging, während er noch den Staatsrat besuchte.
Eigentlich hatte mich nur der Regen ins Olympia getrieben. Ich wollte nicht lange bleiben und nahm ein Promenoir, um einen Black and White zu trinken. Seltsam, wie mich an diesem Abend das gemalte Lächeln, die absurden Hüte, die aufreizenden Parfüms anwiderten. Ich konnte nur das nackte Elend sehen, das sich darunter verbarg. Und versank vor den Bettelnden, den Provokanten, den Ironischen, die sich um das Almosen von ein bißchen Liebe oder einem Geldstück bemühten, ganz in Bitterkeit. Da legte sich eine Hand auf meine Schulter. Wie wohl das plötzlich tat, in dieser traurigen Stunde die Hand eines Freundes zu fühlen. Ich hatte meinen Freund Cornavon lange nicht gesehen. »Nehmen Sie mir es nicht übel, Cornavon, Sie wissen, die Traurigkeit macht undankbar.« »Sie kamen sicher auch, um die Jenny Gilbert tanzen zu sehen?« »Wer ist das?« »Sie werden sehen. Sie tritt gleich auf.« Wir gingen in die Proszeniumsloge. Das weichfließende, hochgeschlitzte korallrote Kleid gab der schlanken Plastik und der wollüstigen Grazie der Tänzerin prachtvollen Ausdruck. Hier hatte wahrhaft die Natur ein Äußerstes getan, das Meisterstück einer Frau zu bilden. Der Hut aus Straußenfedern schattete über einer klaren Stirn und einem Paar Augen voll dunklem Licht und starkem Leben. Wir waren hingerissen.
Jene Städte sind närrisch, welche klagen: Wir haben viel gelitten, bei uns haben die Türken ein oder zwei Jahrhunderte gehaust. Wahrhaft litten jene Städte, wo weder Türken hausten, noch Labanzen und Kurutzen, und welche sich aus eigner Kraft erhielten, wie zum Beispiel Kecskemét; denn wo von den kriegführenden Parteien sich die eine aufhielt, dort dominierte, plünderte nur die eine und die anderen wagten sich nicht einmal hin, wo aber keine einzige wohnte, dorthin gingen alle Erdbeeren sammeln.Eines Tages wandelte den Ofner Pascha die Laune an, ein wenig zu brandschatzen: »Mein Sohn Dervisch Beg, schreibe dem Kecskeméter Richter!« Und der Brief ging sofort ab, aus dessen üppigem Stile der Ausdruck nicht fehlte: »Ihr spielt mit Euren Köpfen!«Aber auch der Szolnoker Musta Beg ging nicht anders vor, denn er brandschatzte Czegléd, Körös, Kecskemét und die umliegenden Dörfer. Jede gesegnete Woche warf er ihnen neue Lasten aus, indem er schrieb: »Diesen Herrenbrief sollt Ihr zu Pferde in jede Stadt, in jedes Dorf tragen und darnach handeln.«Seine Gnaden, der tapfere Herr Emerich Koháry rechnete gleichfalls auf die wohlhabenden Städte und erließ von Seite der Kaiserlichen aus Szécsény Verordnungen, ja selbst der Gácser Stuhlrichter, Seine Gnaden Herr Johann Darvas war nicht faul, ihnen an den Leib zu gehen, wenn die Kurutzen etwas nötig hatten. Dazu kamen noch die herumschweifenden tatarischen Horden und die verschiedenen Truppen, welche auf eigene Faust arbeiteten. Und mit all diesen sollte man auf freundschaftlichem Fuße leben!
Mitten im Walde stand irgendwo vor etwa hundert Jahren ein altes Haus. Wie alt es war, wußte niemand ganz genau; die Leute in der Umgegend sagten, ein paar hundert Jahre könne es schon stehen. Früher war der Wald drum herum groß und weit gewesen, man hatte sich recht darin verlaufen können. Dann waren die Dörfer näher gerückt, am Rande war viel abgeholzt worden, und vom uralten Häuschen führten schließlich drei Straßen ins Land. Überall da, wo die Straßen endeten, lag ein Dorf, im Osten Schönau, im Süden Lindendorf und im Westen war eins, das die Leute Protzendorf nannten. Dort wohnten lauter sehr reiche Bauern, die arg hochmütig waren. Mit den Bewohnern der andern Dörfer verkehrten sie gar nicht, und die Kinder aus Protzendorf kamen auch nie zum Waldhäuschen gelaufen. Das taten die Kinder aus den andern Dörfern nämlich sehr gern, denn im Waldhäuschen lebte ein Holzschnitzer, der gar wunderliche, schnurrige Dinge schnitzte. ¿Kasperleschnitzer¿ hieß er in der Umgegend; er schnitzte emsig den ganzen lieben Tag lauter Kasperlepuppen, und seine kleine Frau Annettchen zog die Puppen an. Da saß manchmal eine bunte Gesellschaft auf der Holzbank im Waldhäuschen, und die Kinder aus Schönau und Lindendorf kamen oft gelaufen, sich die Kasperlepuppen anzusehen. Sie erfuhren es immer, wenn wieder eine Anzahl Puppen zum Verschicken in die weite Welt fertig waren. Liebetraut, des Kasperleschnitzers Pflegetochter, kam dann geschwind in eins der Dörfer gelaufen und sagte es den Kindern, denn das Mädchen war mit allen Kindern gut Freund. Ja, manchmal hängte Liebetraut vor eins der kleinen Fenster im Waldhäuschen einen roten Vorhang; dann spielte sie mit den Puppen den Kindern etwas vor, und das ganze kleine Waldhaus war umjauchzt von Lachen. Den Kindern wurde das Abschiednehmen von den Kasperlepuppen immer sehr schwer, doch die wurden in eine große Kiste gepackt, reisten in die weite Welt hinaus, und keine kehrte mehr ins Waldhaus zurück.
Eine Legende läßt die Geburt der persischen Lyrik ¿ Wort, Rhythmus und Reim ¿ aus dem Echo entstehen, das zum Anlaß die Worte der Liebe hat, welche der König Behram Gor seiner Geliebten Dil Aram und diese ihm auf die Lippen flüstert in der Umarmung. Singt die afghanische Lyrik die tolle Freude des Besitzes der Geliebten, sehnt sich die arabische nach der fernen Geliebten, so ist es der Charakter der persischen Liebeslyrik, zu verweilen, zu kontemplieren, in Ruhe zu genießen, sich zu wiegen. Das »Italienisch des Orients« hat man das süßklingende, sonore Persisch genannt, dessen Gedicht eine anmutig träumende Karesse ist. Es vermeidet, Gegensätzliches aufzurufen, so sehr, daß der Gegensatz sogar dem persischen Theater fehlt: es ist ganz lyrisch und bar jeden dramatischen Interesses. Nur auf solchem kontemplativen Boden konnte die mystische Dichtung der Sufis möglich werden. Die Gefahr aber solchen Verhaltens hat die persische Lyrik nicht vermeiden können: sie wurde konventionell und weist nach dem 14. Jahrhundert keine Namen mehr auf, nachdem sie Firdusi, Omar den Teppichweber, Amic, Ferid-ud-din Attar, Saâdi, Hafis und Djami in den Tempel ihres unvergänglichen Ruhmes gestellt hat.
Nur dich erfreut mein Gram! Sieh, welch Erbarmen Die holden Frau'n bewegt, dass Qual und Sterben Zu süss du noch erachtest für mich Armen. Wo ist nun Mitleid? Wen zum Schützer werben Vor Weibes Grimm, wenn Männer sich vernichten, In Hass und Kampf sich stürzen ins Verderben? Du, Amor, sollst wie immer heut auch richten! Und reiche nur den Bogen ihren Händen; Bin schuldig ich, dann mag sie mich vernichten. Der, welcher schmachtet zwischen Kerkerwänden, Der, den zum Tod man schleift in wilder Hetze, An welch ein Tribunal soll der sich wenden? Was nützen ihm und mir Recht und Gesetze? Doch sag', warum lehrt dich mein Lieben hassen? Wer fasst es, dass dich Fleh'n in Wut versetze? Dem Schatten gleicht dein Reiz, in dem erblassen Die dir sich nah'n; das Herz, das liebewarme, Muss schauernd sein Verderben hier umfassen. Ihr stolzen, stets zum Mord bereiten Arme, Ihr Augen, spottend der im Netz Verstrickten, Ihr Hände, höhnisch deutend auf uns Arme, Ihr Gaben all, verliehen der Beglückten Zu hohem Ruhm, nicht schuf euch Gottes Wille, Um Tod und Schmach zu bringen uns Entzückten! Ihr sollt im Spiegel eurer Schönheitsfülle Den Glanz uns ahnen lassen jener Sphären, Die noch uns birgt des Staubes Schleierhülle. Die ird'sche Schönheit soll uns glauben lehren An ew'ge Schönheit, göttliche Vollendung; Und du lebst nur zu töten, zu verheeren! Ein Himmelsbote, spottend seiner Sendung, Verdient den Untergang noch mehr als jene, Die ihm gefolgt in menschlicher Verblendung. Die Liebe zeigt dein Ende mir, du Schöne, Dass meine Warnung deinen Stolz vernichtet Und dir ins Auge lockt die Reueträne. O fühle doch der Welt dich auch verpflichtet, Für die so schön geschaffen du; gefallen Lass dir die Lieder, dir zum Ruhm gedichtet. Die Tugend nützt sich selbst nicht nur, nein allen, Dem Himmel gleich, der Licht am meisten spendet, Wo sich am dunkelsten die Schatten ballen, Du aber hast dich geizig abgewendet;
FRAU SOPHIE JAGERT sitzt allein an dem Sofatisch links. Sie hat die brennende Lampe nah zu sich herangezogen und strickt emsig. ¿ Plötzlich legt sie das Strickzeug mit einem Ruck auf den Tisch und horcht nach rechts. Dann schüttelt sie den Kopf und seufzt laut. Wie sie ihre Arbeit wieder aufnehmen will, klingelt es. Sie fährt zusammen, freudig. Doch! Sie eilt nach rechts ab und öffnet. Man hört von draußen ihre Stimme mit einem Tone der Enttäuschung. Ach du bist's!
Sich, schon bepurpurt des Parnassus Gipfel Der Frühe Schein, der goldne Sonnenwagen Erhebt sich glorreich in die blaue Bahn; Und kaum doch scheuchte den gesunden Schlaf Des Morgens frischer Hauch mir von den Wimpern: Drum eifrig an mein Werk, den heilgen Dienst! Vor allem aber muß ich dich begrüßen, Apollo, heitrer Gott, der du von droben Das milde Licht herab zur Erde sendest Und hier im Tempel mit der Weisheit Sprüchen Die dunkle Brust den Sterblichen erleuchtest. O küsse meine Stirn mit reinem Strahl, Du, den Gebieter ich und Vater nenne, Weil du im Heiligtum mich auferzogst, Auf daß ich, von der Menschen wüstem Treiben Ganz unberührt, der Jugend regen Trieb, Das frohe Leben deinem Dienste weihte, Hier saug ich deinen Atem in der Luft, Und es umfängt mich dieser Haine Schatten So zärtlich wie dein väterlicher Arm. Mir schweifen irr und unbestimmt die Wünsche Nicht in die Ferne: Laß nur stets mich weilen Bei dir und sei mir wohlgefällig nah, So hast du mir das schönste Los gewährt. Ein jeder Tag erneut mir Lieb und Lust, Wie täglich frisch gepflückte Zweig' und Kränze Von deinem ewig grünen Lorbeerbaum Hier diese Säulen, dieses Tor umwinden. Schon legten sie die Diener mir bereit. Wohlauf!
Wohnung des Dr. Scheffler. Moderne Einrichtung. Vorn rechts ein Fenster, in dessen Nähe ein Arbeitstisch. Links, mehr im Vordergrunde, ein Schreibtisch mit Büchern und Acten davor ein Sessel, Thüren in der Mitte, rechts und links.Rechts und links immer vom Zuschauer aus
Wer von euch Kindern war während der vergangenen Sommerferien im Hochgebirge? Diejenigen unter euch, die von ihren Eltern nach den Tyroler Bergen mit genommen waren, die hatten es erleben können, daß sie eines Julimorgens erwachten und ringsum alles mit dickem Schnee bedeckt fanden, ganz wie zur Weihnachtszeit. Nicht viele Menschen wissen, woher dieses merkwürdige Naturereignis kam. Mir hat es eine geschwätzige Elster aus dem Ahrenthal gesagt, und ich will es euch wieder erzählen, so gut ich kann. In Bill, einem Dorfe bei Innsbruck, lebte ein Bauer mit seiner Frau und einem Söhnchen. Als sie einmal zusammen in die Kirche gingen, da fanden sie auf ihrem Wege ein Bündelchen und in dem Bündel ein Kind, ein kleines Mädchen. Der Bauer wollte es liegen lassen und sich nicht weiter darum bekümmern. Die Bäuerin konnte es aber nicht über's Herz bringen, das Kindchen voraussichtlich dem Tode preisgegeben zu sehen, und nahm es gegen den Willen ihres Mannes mit nach Hause. Sie pflegte und hegte nun den kleinen Findling mit unermüdlicher Liebe und Rosel, so ward das Kind genannt worden, dankte ihr die Sorge und Mühe, indem sie zu einem braven und wacker fleißigen Mädchen heranwuchs. Doch der Bauer mochte sie nicht leiden, und auch dann noch nicht, als Rosel nach dem Tode der Bäuerin die ganze große Wirtschaft besorgte, überall nach dem Rechten sah und dabei mit den Mägden für zwei arbeitete.
Ich will es lieber gleich sagen, da es sich ja doch im Laufe der Geschichte herausstellt: Frau Borges war ein Drache. Keiner von den Drachen, die einen Goldschatz oder eine Jungfrau bewachen und die dadurch immerhin noch etwas Sympathisches haben, ¿ nein, sie war ein Drache ohne jede höhere Mission, ein Drache, dessen einziger Lebenszweck darin bestand, ihrem Gatten das Dasein zu versauern.Ihr habt gewiß schon den Drachen Fafner auf der Bühne gesehen? O was ist das für ein gemütlicher Drache! Er bewegt sich ein bissel auf der Drehscheibe, schlägt ein bißchen mit dem Schwanz um sich und speit ein bißchen Feuer. Er kann an Frau Borges nicht tippen. Die fährt herum wie auf hundert Drehscheiben, schlägt um sich wie mit hundert Schwänzen, und mit ihrer Zunge versengt sie mehr gute Rufe als der Dilettant Fafner Gräser und Kräuter.Obendrein wird der Fafner, gottlob, von Siegfried erschlagen. Er stirbt bekanntlich an den Stabreimen, mit denen Siegfried ihn mißhandelt, und von denen der berühmteste lautet: »Eine zierliche Fresse zeigst Du mir da!«Das hätte einmal Herr Borges zu seinem Drachen sagen sollen! So viel Drachenschwänze gibt es gar nicht! Und Herr Borges war überdies alles andere eher als ein Siegfried. Nie wäre er auf den Gedanken gekommen, im Walde wilde Bären zu fangen (was ihm im Offenbacher Stadtwald auch schwerlich gelungen wäre), er schlug keine Ambosse entzwei, schmiedete kein Notung, und das Fürchten brauchte ihm nicht erst von einer Brünhilde gelehrt zu werden. Das Einzige, was Adolf aus dem Geschlechte Borges mit Siegfried aus dem Geschlechte Wälsungen gemein hatte, waren die treuherzigen blauen Augen.
Es ritten drei Reiter nach Köln, am linken Ufer des Rheins ¿zu Thal¿. Das waren keine gemeinen Leute. Schon ihre Pferde waren nobel, schöne dauerhafte Limousins, und wenn auch deutlich angegriffen von einer langen Reise, doch lebhaft, ja heiter und vergnügt, als Franzosen. Der kräftige unverkennbare Deutsche auf dem Schimmel, im Mantel und Reise- und Wetterhut, nannte den sehr edel aussehenden Reiter auf dem Rappen, in spanischem Mantel und Barret ¿ unverkennbar ein Jude ¿ nur Doctor, wie er sich ihm genannt, und der Doctor nannte ihn wieder nur wie er sich ihm selber lächelnd genannt: ¿Herr Großhändler¿, ob er gleich ein Patricierssohn aus Köln war, der zu seinem Bruder aus Frankreich nach Hause reiste, welcher Bruder also noch lebte, wenn es in diesen gefährlichen Zeiten noch wahr war. Der dritte Reiter auf einer Isabelle von neapolitanischem Gebäude schien ein junger fahrender Ritter in Waffen, der, seit er sich ihnen in Basel angeschlossen, nur wenige Worte gesprochen, weil ihn ein Schmerz in den schönen Zügen stand, die manchmal zu einer ersehnten Rache aufblitzten.
Ein Arbeitszimmer, dessen Wände mit Bildern behängt sind. In der Hinterwand befindet sich rechts rechts und links immer vom Schauspieler aus die Tür zum Vorplatz und links die Tür zu einem Wartezimmer. In der rechten Seitenwand vorn führt eine Tür ins Wohnzimmer. An der linken Seitenwand vorn steht der Schreibtisch, auf dem aufgerollte Pläne liegen; neben dem Schreibtisch an der Wand ein Telefon. Rechts vorn ein Diwan, davor ein kleinerer Tisch; in der Mitte, etwas nach hinten, ein größerer Tisch. Büchergestelle mit Büchern; Musikinstrumente, Aktenbündel und Noten. Der Marquis von Keith sitzt am Schreibtisch, in einen der Pläne vertieft. Er ist ein Mann von ca. 27 Jahren: mittelgroß, schlank und knochig; er hätte eine musterhafte Figur, wenn er nicht auf dem linken Beine hinkte. Seine markigen Gesichtszüge sind nervös und haben zugleich etwas Hartes, stechende graue Augen, kleiner blonder Schnurrbart, das widerborstige, kurze, strohblonde Haar sorgfältig in der Mitte gescheitelt. Er ist in ausgesuchte gesellschaftliche Eleganz gekleidet, aber nicht geckenhaft. Er hat die groben roten Hände eines Clown. Molly Griesinger kommt aus dem Wohnzimmer und setzt eine gedeckte Tablette auf das Tischchen vor dem Diwan. Sie ist ein unscheinbares brünettes Wesen, etwas scheu und verhetzt, in unscheinbarer häuslicher Kleidung, hat aber große, schwarze, seelenvolle Augen.
Ihn fror in seinem dünnen Fähnchen, einem grauen fadenscheinigen Havelock, der im Novembersturme flatterte wie eine altgediente Kriegsflagge.»Ist eine Kunst!« knurrte er und meinte damit den Sturm, den ungebärdig wilden. Um die dürren Blätter von den zitternden Zweigen zu reißen und die blassen Spätrosen zu erschrecken, die noch irgendwo draußen wehmütig träumen mochten, bedurfte es dieses unsinnigen Grimmes nicht. Und um das graue Wolkengesindel dort droben, das Schnee niederregnen ließ, vor sich herzujagen, brauchte er die Backen auch nicht gar so voll zu nehmen, der wüste Kraftgeselle, der!Wildjauchzend fuhr der Verhöhnte um die Straßenecke und lehnte den blassen jungen Mann, der durchaus kein Schwächling war an die Wand. Und neben ihm klatschte ein schneefeuchtes Blatt an die triefende Mauer. So klebten sie, Mann und Blatt, im gewaltsamen Drucke des Sturmes einen Augenblick lang nebeneinander.Da mußte er auflachen, ganz grimmig. Dann drohte er mit der Faust gegen den grauen Himmel und drückte sich das Atemholen des Sturmes benützend, sachte um die gefährliche Ecke.Fest, krampfhaft fest, hielt dabei die schier erstarrte Faust das Guldenstück, das er sich kurz vorher von einem Bundesbruder gepumpt hatte. Zu den Taschen seiner Hose hatte er kein rechtes Vertrauen mehr und die Geldbörse lag zu Hause lange gut. Die grinste ihn jedesmal, wenn er sie hervorzog, gar zu höhnisch an: sie war leer wie das absolute Nichts.Auch sein Winterrock hatte es besser als er: der »studierte« einstweilen auch und war hübsch warm aufgehoben ¿ wo, ist leicht zu erraten. Viel weniger »schön« mochte er vielleicht nicht sein als der flatternde Sommermantel da ¿ aber warm!
Krankheiten, die Sie mir daher genennt haben, das sind lauter Morbi particulares per se; wenigstens so viel ich die Medizin verstehe. Die Hypochondrie ist eine besondere Krankheit; die Melancholie ist eine besondere Krankheit; die Schwermut ist eine besondere Krankheit: und die Milzsucht ist auch eine besondere Krankheit. Wenn nun also jemand die Hypochondrie, die Melancholie, die Schwermütigkeit und die Milzsucht zugleich hat: so hat er vier Krankheiten in einer: nämlich das Malum hypochondriacum oder Passionem hystericam complet.DR. KREBSSTEIN. Ganz recht, mein Herr Doktor! was heißt das aber anders als soviel: die Schwermut oder nach unserer Sprache die Melancholia und die Hypochondrie sind Symptomata von der Milzsucht; die daher, a sede principali, halb lateinisch, halb griechisch, das Malum hypochondriacum heißt? Residet enim sub hypochondriis, teste Hippocrate, Galeno, Paracelso, ac reliquis.DR. MUSKAT. Ei, beileibe nicht, Herr Doktor! Es sind lauter einzelne Krankheiten; lauter Morbi particulares. Sie haben auch ihre absonderlichen Sedes und Radices. Die Milzsucht hat ihren Sedem in der Milz und entsteht ex obstructione fibrillarum lienis, quae est ipsius materia peccans. Die Hypochondrie hat ihren Sitz sub hypochondriis und entsteht ex stagnatione flatuum sub hypochondriis: unde oriuntur vertigines, atque imaginationes perversae, animus formidolosus atque dubius. Die Melancholie hat ihren Sitz im Geblüte und entsteht ex nimia terrestritate et spissitudine sanguinis: unde oriuntur stagnationes, atque palpitatio cordis. Wie gesaget, es sind alles lauter Morbi particulares et simplices. Zusammen aber machen sie einen einzigen Morbum compositum aus, nämlich das Malum hypochondriacum totale.
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