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Ich will die Geschichte eines Menschen erzÄhlen, der sich wohl unter allen mÖglichen Dingen dieses zuletzt vorstellte, auf den Flügeln der Dichtkunst unter die Gestirne getragen zu werden.Mannheim ward von seinem Vater, einem Geistlichen im Thüringischen, auf die Universität geschickt. Er hatte sich dem geistlichen Stande gewidmet, nicht sowohl um seinem Vater Freude zu machen, als weil er sich dazu geboren fühlte. Von Kindheit an waren alle Ergötzungen, die er suchte, die Ergötzungen eines alten Mannes und ihm nicht besser als in einer Gesellschaft, wo Tabak geraucht und über gelehrte Sachen disputiert wurde. Seines Vaters Predigten schrieb er aus eigenem Trieb nach und hielt sie insgeheim bei verschlossenen Türen, nachdem er seines Vaters Perücke aufgesetzt und seinen Mantel umgetan, dem Perückenstock und Kleiderschrank wieder vor. Er fiel halb ohnmächtig nieder, als sein Vater mit einer großen Gesellschaft von Landpfarrern ihn einmal belauscht hatte und die Tür plötzlich mit dem Hauptschlüssel aufmachte.
O let those cities, that of plenty's cup And her prosperities so largely taste, With their superfluous riots hear these tears-ShakespeareWie mannigfaltig sind die Arten des menschlichen Elends! Wie unerschÖpflich ist diese Fundgrube fÜr den Dichter, der mehr durch sein Gewissen, als durch Eitelkeit und Eigennutz sich gedrungen fühlt, den vertaubten Nerven des Mitleids für hundert Elende, die unsere Modephilosophie mit grausamen LÄcheln von sich weist, in seinen Mitbürgern wieder aufzureizen! Wir leben in einem Jahrhundert, wo Menschenliebe und Empfindsamkeit nichts Seltenes mehr sind: woher kommt es denn, daß man so viel Unglückliche unter uns antrifft? Sind das immer Unwürdige, die uns unsere durch hellere Aussichten in die Moral bereicherten Verstandesfähigkeiten als solche darstellen? Ach! ich fürchte, wir werden uns oft nicht Zeit zur Untersuchung lassen, und, weil wir unsere Ungerechtigkeiten desto schöner bemänteln gelernt haben, aus allzugroßer Menschenfreundschaft desto unbiegsamere Menschenfeinde werden, die zuletzt an keinem Dinge außer sich mehr die geringste moralische Schönheit werden entdecken können, und folglich auch sich berechtigt glauben, an dem menschlichen Geschlecht nur die Gattung, nie die Individuen zu lieben.Folgende Erzählung, die aus dem Nachlaß eines Magisters der Philosophie in Leipzig gezogen ist, wird, hoffe ich, auf der großen Karte menschlicher Schicksale verschiedene neue Wege entdecken, für welche zu warnen noch keinem unserer Reisebeschreiber eingefallen ist, ob schon unser Held nicht der erste Schiffbrüchige darauf gewesen.
In Lille. Marie. Charlotte.Marie (mit untergestÜtztem Kopf einen Brief schreibend). Schwester, weißt du nicht, wie schreibt man Madam, M a ma, t a m m tamm, m e me.Charlotte (sitzt und spinnt). So 'st recht.Marie. HÖr, ich will dir vorlesen, ob's so angeht, wie ich schreibe: "Meine liebe Matamm! Wir sein gottlob glücklich in Lille arriviert", ist's so recht arriviert, a r ar, r i e w wiert?Charlotte. So 'st recht.Marie. "Wir wissen nicht, womit die Gütigkeit nur verdient haben, womit uns überschüttet, wünschte nur imstand zu sein"¿ist so recht?Charlotte. So lies doch, bis der Verstand aus ist.Marie. Ihro alle die Politessen und Höflichkeit wiederzuerstatten. Weil aber es noch nicht in unsern KrÄften steht, als bitten um fernere Continuation.Charlotte. Bitten wir um fernere. Marie. Laß doch sein, was fällst du mir in die Rede. Charlotte. Wir bitten um fernere Continuation.Marie. Ei, was redst du doch, der Papa schreibt ja auch so. (Macht alles geschwind wieder zu, und will den Brief versiegeln.)Charlotte. Nu, so les' Sie doch aus.Marie. Das übrige geht dich nichts an. Sie will allesfort klüger sein, als der Papa; letzthin sagte der Papa auch, es wäre nicht höflich, wenn man immer wir schriebe, und ich und so dergleichen. (Siegelt zu.) Da Steffen (gibt ihm Geld) tragt den Brief auf die Post.Charlotte. Sie wollt' mir den Schluß nicht vorlesen, gewiß hat Sie da was Schönes vor den Herrn Stolzius.Marie. Das geht dich nichts an.Charlotte. Nu seht doch, bin ich denn schon schalu darüber gewesen? Ich hätt' ja ebensogut schreiben können, als du, aber ich habe dir das Vergnügen nicht berauben wollen, deine Hand zur Schau zu stellen.Marie. Hör, Lotte, laß mich zufrieden mit dem Stolzius, ich sag dir's, oder ich geh gleich herunter, und klag's dem Papa.
MAJOR. Was willst du denn? Ist das nicht ein ganz artiges Männichen?GEHEIMER RAT. Artig genug, nur zu artig. Aber was soll er deinen Sohn lehren?MAJOR. Ich weiß nicht, Berg, du tust immer solche wunderliche Fragen.GEHEIMER RAT. Nein aufrichtig! du mußt doch eine Absicht haben, wenn du einen Hofmeister nimmst und den Beutel mit einemmal so weit auftust, daß dreihundert Dukaten herausfallen. Sag mir, was meinst du mit dem Geld auszurichten; was foderst du dafür von deinem Hofmeister?MAJOR. Daß er was ich daß er meinen Sohn in allen Wissenschaften und Artigkeiten und Weltmanieren Ich weiß auch nicht, was du immer mit deinen Fragen willst; das wird sich schon finden; das werd ich ihm alles schon zu seiner Zeit sagen.GEHEIMER RAT. Das heißt: du willst Hofmeister deines Hofmeisters sein; bedenkst du aber auch, was du da auf dich nimmst Was soll dein Sohn werden, sag mir einmal?MAJOR. Was er ... Soldat soll er werden; ein Kerl, wie ich gewesen bin.GEHEIMER RAT. Das letzte laß nur weg, lieber Bruder; unsere Kinder sollen und müssen das nicht werden, was wir waren: die Zeiten ändern sich, Sitten, Umstände, alles, und wenn du nichts mehr und nichts weniger geworden wärst, als das leibhafte Kontrefei deines Eltervaters
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