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Als ab Mitte des 18. Jahrhunderts Papiertapeten in Rollen konfektioniert und produziert wurden, kam dies einer grafischen Befreiung und einer Neuformatierung von privaten Raumordnungen gleich: Das Muster verband sich mit dem Raum und öffnete sich für die unterschiedlichsten Verflechtungen. Mit der Frage, wie sich die Tapete als Medium der Raumformatierung und als erzählerisches Format für die Raumforschung eignet, beschäftigt sich das von Christian Hanussek gestaltete Heft - die Tapete als Methode.
Während das Kartenmachen als Mapping in aller Munde ist, spielt das Kartenlesen bei der kritischen Analyse städtischer Räume bislang kaum eine Rolle. Dabei ist auch die Lektüre von Karten zentral für alle Arten von Raumwahrnehmungen. Was kann es heißen, bereits vorhandene Karten gemeinsam zu lesen? Wie lassen sich dabei kartografische Diskurse hinterfragen und neue Bedeutungen schaffen? Kathrin Wildner geht der Frage nach, inwieweit nicht nur das Kartenmachen, sondern auch das Lesen von Karten als eine kollaborative Methode für raumbezogene Wissensproduktion fruchtbar gemacht werden kann.
Wie handeln die Bilder in Räumen extremer Gewalt? Wie lässt sich vom gewaltsamen Verschwindenlassen erzählen, ohne die Nekropolitik des Verschwindens zu reproduzieren, wie vom Widerstehen ohne Kitsch und Heroisierung? Wie gelangen wir von der Linie zum narrativen Raum? Der Essay von Anne Huffschmid berichtet von einer Annäherung mit audiovisuellen Mitteln an die Gewaltlandschaften des Verschwindens und rekonstruiert die Montage des Dokumentarfilms "Persistence" und der Webdoku "Forensic Landscapes" als Prozess einer Erzählbarmachung.
Kooperative Standards meint gestalterische, programmatische, räumliche Elemente, die sich aus Erfahrungswissen und geteilter Verantwortung heraus konstituieren. Als Antworten auf spezifische Probleme und Bedarfe weichen sie von verallgemeinernden Regeln und Normen ab und ermöglichen es, jeweils in ihrem Umfeld besondere Qualitäten und Beziehungen zu realisieren. Eine Betondecke, die den Barbetrieb erlaubt, während oben noch gebaut wird, Gerüste und Wintergärten, Balkone und Laubengänge die Wohnräume erweitern und mit der Nachbarschaft verflechten, ein Betriebshof, auf dem so gewohnt und gearbeitet werden kann, wie es eigentlich verboten ist. Die Hefte 1-7 entfalten das Thema der kooperativen Standards auf ganz unterschiedlichen Ebenen der Planung und Gestaltung. Die hier versammelten Projekte von Assemble, Inken Baller, common room, Jesko Fezer, Gabu Heindl, Lacaton & Vassal und NL Architects, zeigen, dass besondere räumliche Qualitäten, Funktionen und Programme wie auch Schönheit und Luxus, vor allem dann realisiert werden können, wenn die Bewohnenden auch die Handelnden sind - sei es in der mitbestimmten Planung oder im selbstverantwortlichen täglichen Gebrauch.Die Herausgeber*innen Marieke Behne, Christoph Heinemann und Justus Griesenberg haben die Reihe Kooperative Standards im Rahmen ihrer Tätigkeit im Arbeitsgebiet Architektur und Stadt (HafenCity Universität Hamburg, 2017-2022) entwickelt, wo sie sich insbesondere mit situativen und relationalen Dispositionen im urbanen Handlungsraum auseinandergesetzt haben.
Wie lassen sich die marokkanischen Soundarchive des Schriftstellers Paul Bowles aus den 1970er Jahren heute mit den Musiker*innen von damals anhören? Was hat ein Erdbeben in Agadir mit einem japanischen Science Fiction Film zu tun? Welchen Sound haben Steine? Und was erfahren wir über Umweltverschmutzung wenn wir den Agar Agar Algen zuhören?Auf der Grundlage kritischer Sound Studies, ethnographischer Forschung und künstlerischer Praxis bietet dieses Buch vielschichtige Erzählungen über akustische Praktiken in Marokko. Gilles Aubrys Forschungen über die klanglichen Dimensionen unserer Umwelt, reichen von tierischen, pflanzlichen und mineralischen Stimmen über rituelle Praktiken bis hin zu technologischen Infrastrukturen. Das arabische Wort für diese Stimmen im körperlichen aber auch im technologischen Sinn ist Sawt. In Kooperationen mit lokalen Musiker*innen, Künstler*innen und Wissenschaftler*innen erkundet Aubry experimentelle Settings, in denen das Zuhören zur Grundlage eines "Sonic Pluralism" wird.Die dichten Beschreibungen der multidisziplinären Forschungen sind durch eigenständige Bildstrecken ergänzt. Über QR Codes ist der Text mit audiovisuellen Essays und Kompositionen des Künstlers verbunden. Das Layout des Buches nimmt diese enge Verknüpfung von digitalen und analogen Materialien auf.Über www.adocs.de wird das Buch auch als Open Access/E-Book zugänglich sein.
Gibt es eine verborgene Schönheit hinter den täglichen Nachrichten der Welt der Finanzen und der Ökonomie? Die Künstlerin Anke Becker zeichnet die visuellen Gedichte economic words: Mit einem schwarzen Marker werden Wörter und ganze Sätze aus Zeitungsausschnitten der Wirtschaftszeitung "The Financial Times" aus- gestrichen. Nur vereinzelte Worte bleiben sichtbar. Zuvor verborgene Nachrichten kommen zum Vorschein jenseits von Börsennotierungen und internationalen Geldströmen. Economic Words sind lakonische Notationen subjektiven Charakters, herausgefiltert aus journalistischen Texten, die das allgemeine Wirtschaftsgeschehen analysieren. Im Buch wird aus einer Auswahl in Originalgröße abgebildeter economic words ein neuer, umfangreicher Textkörper aus Worten und Linien geschaffen: Visuell minimalistisch aber inhaltlich auf barocke Weise ausufernd und mäandernd.Anke Becker betreibt den Blog economicwords.com und ist Gründerin des internationalen Kunst- und Ausstellungsprojekts "Anonyme Zeichner". Ihre künstlerische Arbeit reicht von konzeptuellen Zeichnungen über visuelle Poesie bis hin zu kollektiven Kunstaktionen. Die Verbindung von Linie und Sprache, Zeichnung und Text sowie der Wert von Geld und Arbeit - Becker erforscht auf vielfältige Weise in diesen Themenfeldern verborgene Muster und Strukturen.
Die ökologische Frage ist nicht neu. Bereits vor über hundert Jahren entstanden in Reaktion auf die zunehmende Industrialisierung und Urbanisierung im Kapitalismus Denkmodelle und Praktiken, die sich in unseren heutigen Vorstellungen von Nachhaltigkeit wiederfinden. Mitunter auf vormodernes Wissen aufbauend und verstärkt durch die Erfahrung der sozialen und wirtschaftlichen Krisen nach Ende des Ersten Weltkrieges bildeten sich eine Vielzahl von Reformbewegungen: vom gemeinnützigen Wohnungsbau bis zu anarchosyndikalistischen Siedlungen, von urbanen Selbstversorgergärten und ökologischem Landbau bis zu Konzepten einer kreislaufbasierten Abfallwirtschaft. In diesen Ansätzen spiegelt sich nicht nur ein systemisches Verständnis der Wechselwirkungen von Mensch und Umwelt, von Natur und Technik, sondern auch das wachsende Bewusstsein für eine sich die Lebensgrundlage entziehenden Moderne. Nach einer zweijährigen Recherchephase realisiert Licht Luft Scheiße zwei Ausstellungen, eine umfangreiche Film-, Gesprächs- und Vortragsreihe sowie ein selbstorganisiertes Bildungsprogramm. Der transdisziplinäre Anspruch des Projekts wird durch die besondere Kooperation zwischen dem Botanischen Museum Berlin, der Martin-Elsaesser-Stiftung, der Nachbarschaftsakademie im Prinzessinnengarten Kreuzberg und der neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK) getragen. Im Austausch künstlerischer, wissenschaftlicher und politischaktivistischer Perspektiven auf Ökologie und Moderne soll nicht nur eine nachhaltige kulturelle Wissensproduktion hergestellt, sondern auch eine konkrete Zukunftsvision für einen dauerhaften Lernort, für Bodenaufbau und Kompostierung menschlicher Scheiße auf dem Gelände des Prinzessinnengartens Kreuzberg entwickelt werden.
"Recht auf Stadt": Wer kennt die Parole nicht oder hat sie nicht auf den Plakaten von durch Gentrifizierung bedrohten und dagegen ankämpfenden Stadtbewohner*innen schon gesehen? Ihrem Urheber, Henri Lefebvre, ist nicht nur die These zu verdanken, dass in jedem von Homogenisierung und Privatisierung auch ergriffenen städtischen Raum doch revolutionäres Potenzial steckt. Mit seinen Gedanken zur Produktion des Raums lieferte er auch eine "scharfe Theorie", die eine Brücke zwischen akademischer Welt und aktivistischen Zirkeln schlägt.50 Jahre nach seinen Schriften verfolgen die in diesem bilingualen Buch versammelten Beiträge das Ziel, den Begriff "Recht auf Stadt" zu justieren und zu reklamieren. Parallel zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Begriff des Alltagslebens, mit Entfremdung in Zeiten der Digitalisierung und mit denkbaren Strategien der individuellen und kollektiven Raumaneignung wird der Zusammenhang von Stadtpolitik, Aktivismus und Kunst zu einer Zeit untersucht, in der weitgehende Privatisierung, Migration und Prekarisierung die urbane Landschaft und das Leben der Menschen, die darin leben, grundlegend verändert haben.
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