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Die Publikation der Schweizer Künstlerin Esther Ernst (*1977) geht auf eine Kabinettausstellung im Museum Franz Gertschmit aktuellen Papierarbeiten zurück. Im Mittelpunkt stehen Kartografie, Reisezeichnungen, als Langzeitprojekte angelegteTagebücher und ein Karteikartenarchiv. Die Künstlerin erschließt sich die Stadtkartografien, wie etwa die von Frankfurtam Main oder Istanbul, zu Fuß und verzeichnet sie «en plein air». Die Sammlung ihrer Skizzen verwebt sie anschließendim Atelier zu großformatigen «Geschichtenkarten», die Raum für Angst, Liebe, Erinnerungen und Begeisterung zulassen,wie auch an den Legenden abzulesen ist. Eine weitere großformatige Zeichnung greift die Corona-Pandemiejahreauf, die Künstlerin setzt sich mit den weltweit verheerenden Auswirkungen der Infektionskrankheit auseinander. In derausgestellten Karteikartensammlung «wo ich war», archiviert sie seit 2004 persönliche Notizen und Fotos zu besuchtenAusstellungen, Konzerten, Vorträgen, Theatervorstellungen und ähnlichem. Beim Entdecken, Betrachten und Entziffernder "Verzeichnungen" von Esther Ernst können wir uns ansprechende Zeichnungen und Aquarelle sehen und seltsameund anregende, zu uns sprechende Texte lesen.Esther Ernst, *1977 in Basel (CH). Lebt und arbeitet in Berlin und Solothurn (CH).
Eine Neigung zum monumentalen Format, der Wille zur traditionsgebundenen Figuration und Perspektive sowie ein dem Alltag entnommenes disparates Motivrepertoire zeichnen die hier versammelten Werke aus, die Marc-Antoine Fehr (geb. 1953) in fünfzig Schaffensjahren vorgelegt und entwickelt hat. Der international ausstellende Schweizer mit Wohnsitz im Burgund pflegt seit den frühen Anfängen in den 1970er-Jahren die Auseinandersetzung mit der figurativen Malerei und arbeitet, oft auch in Zyklen, in den klassischen Gattungen Porträt, Landschaft und Stillleben. Häufig sind es hermetische, ineinander verschachtelte, leere oder stillgestellte Bildräume, die Fehr eröffnet und in die er in körniger, manchmal freskohafter Malweise Sujets appliziert, die in ihrer Komposition zeitenthoben wirken wie eine Erinnerung, ein Nachruf: Tücher, Gestelle, Jagdtrophäen, Vitrinen, Figuren in Rückansicht oder somnabuler Entrücktheit.Das Buch begleitet die retrospektiv angelegte Ausstellung Reflets sur une tombe, die das Burgdorfer Museum Franz Gertsch von September 2023 bis März 2024 zeigt. In drei profunden Essais erläutern die Kunsthistorikerinnen und Kuratoren Anna Wesle, Katharina Holderegger und Beat Wismer die autonomen, zwischen Fantasie und Realismus angesiedelten suggestiven Bildwelten Marc-Antoine Fehrs und loten ihre beziehungsreiche Stellung in der älteren und jüngeren Kunstgeschichte aus.
Der Schweizer Künstler Reto Bärtschi (*1971) nimmt in seinen neuen, in der Kabinettausstellung des Museum Franz Gertsch gezeigten Papierarbeiten und Fotoporträts das menschliche Beziehungsgefüge unter die Lupe. Mit hauchdünnen schwarzen Tuschestiften entwirft er ohne Vorzeichnung und unter dem Brennglas zarte fl orale Mikrolandschaften aus Blättern, Blüten und Samen, die sich zu planetaren Oberfl ächen verdichten und Kosmologien ganz eigener Art hervorbringen.Bärtschi interessiert der symbolische, auf zwischenmenschliche Verhältnisse übertragbare Gehalt in der Darstellung vonPlanetenkonstellationen: der Ausgleich, der durch Anziehung und Abstoßung in dauernder Bewegung zustande kommt.In den mit grafi schen, vegetabilen oder organischen Motiven überzeichneten Porträtfotografi en, die wie bei der digitalenGesichtserkennung auf der Mittelachse über das Porträt gelegt sind, erprobt er die Umdeutung des verschlüsseltbiometrischen Verfahrens in ein freischwebend zeichnerisches und zeichenhaftes, dessen Sinn nur dem Künstler selbstbekannt ist. Mit einem Essay der Kuratoren Anna Wesle und Mathias Kobel.
Die Schweizerin Maja Rieder (*1979) verortet ihre jüngsten Arbeiten auf Papier (Tusche und Gouache) auf dem Übergangvon der Zeichnung zur Malerei. Die raumgreifenden und in leuchtend kontrastierender Kolorierung ausgeführten Farbfeldmalereien, oft in Diagonalen aufgeteilt und als Serien konzipiert, entstehen als fl ießend nebeneinander oder übereinander aufgetragene Farbschichten der auf dem Boden liegenden oder aufgebockten Papierbahnen. Während des Vorgangs lässt Maja Rieder "die Dinge in die Zeichnung kommen": Tropfnasen, Rinnspuren, Falten brechen die strenge Geometrie auf, das Bild tritt über den Rand in die Wirklichkeit, wird bewegte Oberfl äche und entfaltet Freiraum. Als Abfolgebetrachtet, entwickeln die Arbeiten ein Netzwerk an Zeichen und Mustern, die zwischen Nähe und Weite, Spannung undRuhe schwingen und untereinander in Beziehung stehen.Die Publikation mit einem einführenden Essay der Kuratorin Anna Wesle erscheint anlässlich der Kabinettausstellung imMuseum Franz Gertsch in Burgdorf.Maja Rieder lebt und arbeitet in Basel (CH)
Urs-P. Twellmanns Arbeiten sind entweder sehr raumgreifend oder klein und fragil. Sie entstehen aus Alt- oder Schwemmholz vor Ort in der Natur oder beginnen im Schlosswiler Atelier ein Eigenleben zu entfalten. Der Schweizer Bildhauer und Grafi ker hat sich ganz der Auseinandersetzung mit dem gewachsenen Naturerzeugnis Holz verschrieben: Er beherrscht den virtuosen Umgang mit der Kettensäge und das Materialexperiment, um dem widerständigen und vielfältigenRohstoff durch Subtraktion und Addition sowie Trocknungsprozesse geometrische Formen aller Art abzugewinnen undStrukturen, Texturen, Kontraste sichtbar zu machen. Die Publikation zeigt eine Überblicksschau über Objekte, Installationenund Interventionen, die in den letzten zwanzig Jahren rund um den Globus entstanden sind und in verträumten Parkanlagen, weiten Landschaften, stillen Seen oder in Flussbetten ihren Platz gefunden haben und die Natur auf neue Arterfahrbar machen.Mit einem Essay der Kunsthistorikerin Nina Wolfensberger.
Lehnen, Legen, Stapeln: Der Bildhauer und Maler Jan Douma sucht in seinem äußerst verknapptem Umgang mit dem jeweiligen Material, sei es das der Skulptur oder das der Farbe, nicht in der fi gürlichen Repräsentation und Abbildbarkeit die Welt, sondern er spürt sie in den Formungen und Formbezügen selbst auf. Häufi g ist es eine dualistische Körper- undRaumerfahrung des Dazwischenseins, der Leere oder Instabilität, die sich in der Materialauswahl (Stein, Holz, Beton, Eisen - Öl und Acryl) und Oberflächenbehandlung (geflämmt, grob behauen, farblich nuanciert - vertikal und getreift) konkretisiert. Fragil berührt sich ein kompakter Granitblock mit einer aufragenden Eichenholzstele an einer winzigen Stelle,zwei säulenartige Betonskulpturen nehmen Fühlung miteinander auf, zungenförmiges gemasertes Olivenholz ruht partnerschaftlich auf schwarz geflämmter Esche - in der Malerei bahnen sich tief liegende senkrechte Farbschichten ihren Weg nach oben und erzeugen Schwingung und Übergang inmitten einer abstrakten Räumlichkeit.Antje Lechleiter und Herbert M. Hurka haben zwei kenntnisreiche begleitende Essais zu den beziehungsreichen Arbeiten von Jan Douma verfasst.
With J'M donc je suis, Düsseldorf-based painter Jochen Mühlenbrink (b. 1980) takes stock of the productive years2018 to 2023, during which he further developed and sublimated his theme, the ambiguity of the correspondencebetween visual perception and depictive reality. With the Window Paintings, for example, he takes up a very own andold motif of painting, the image detail as a view and window into the world: in Mühlenbrink's work, it is seemingly almostrendered impossible from the outset. Streaks of condensation form the foreground of a hyper-realistic everyday scenein a veiled background, visible only through tiny sections of "painted-out" fi ngerprints in the window. The process ofcognition triggered by this strategy of showing and concealing brings two factual realities before the viewer's eyes, thatof the picture and that in the picture, and puts them to a sophisticated test in this double respect: Je vois donc je suis?With a knowledgeable and exciting essay by the art historian Anna Heinze, further text contributions by SaSa Bogojev andSebastian Schmitt. High-quality design, brilliant printing and climate-neutral production.Jochen Mühlenbrink, *1980 in Freiburg (DE), lives and works in Düsseldorf (DE).
Eine sich aufbäumende, in der Bewegung erstarrte dreidimensionale Woge aus Parketthölzern im gediegenen Ambiente eines ehemaligen Jugendstilhotels. Eine auseinandermontierte und wieder zusammengebaute tonnenschwere LKW-Zugmaschine im Schaufenster einer Zimmergalerie. Oder eine riesige silbern leuchtende Grube auf dem Waldgelände eines einstmaligen Nato-Munitionslagers: Christine Biehlers oft raumgreifende Interventionen und Installationen suchen stets die temporäre Auseinandersetzung mit einem spezifischen Ort, um seine Wahrnehmung nachhaltig zu verändern. Dabei entstehen begehbare poetische oder surreale Raumbilder und Skulpturen, die in ihrer Dimensions- und Kontextverschiebung Verblüffung und Irritationen hervorrufen. Die Publikation vereint Arbeiten der Künstlerin aus den letzten zwanzig Jahre, eingebunden und kommentiert durch eine Sammlung persönlicher und kurzweiliger Textbeiträge von Helfer*innen, Fachleuten und Kurator*innen, die von den Begleitumständen und dem Zusammentreffen mit einer Idee erzählen.Christine Biehler *1964 Landau / Pfalz, lebt und arbeitet in Steinheim bei Frankfurt am Main.
Verwerfungen, Abwehrreaktionen, Dystopie, Verwüstung: Die Berliner Künstlerin Emma Adler hat im Rahmen ihres letztjährigen Stipendiums der ZF-Kunststiftung im Friedrichshafener Zeppelin Museums die Auswirkungen und Mechanismen von Verschwörungstheorien und Fake News unter der Dunstglocke von Pandemie und Populismus untersucht.Der Ausstellungstitel SIMULATOR [SIC!]NESS spielt auf die durch Täuschung der Sinnesorgane hervorgerufene Übelkeitan, wie sie durch den Aufenthalt in Simulatoren oder virtuellen Realitäten entstehen kann. An die Ästhetik von Videospielenanknüpfend simuliert und dekonstruiert Adler in multimedialen Rauminstallationen Versatzstücke und Szenarienaus dem Milieu der Verschwörungs-Infl uencer, Webvideoproduzenten und Internet-Warriors: Pseudogeröllwüsten fl ackernim grünen Licht unter dem Wummern eines Herzschlags, ein dysfunktionaler Gaming Chair ist auf einem Sandhaufen gestrandet, Betonfelder aus immer gleichen Modulen imitieren den Copy-Paste-Modus eines Computerspiels. Dabei entfaltet Adler kein Gegennarrativ, sondern fragt nach der Zuverlässigkeit von Wahrnehmung als Erkenntnisinstrument in einer digitalisierten Welt. Mit einem begleitenden Essay (deutsch/englisch) der Kuratorin Melina Mercer.
Die kleinformatigen Wachstuchhefte, die Ernst Ludwig Kirchner zeit seines Lebens Seite für Seite mit Bleistift, Buntstift, Kreide, Tusche, Aquarellfarben oder Kohlestrichen füllte, waren für ihn, der nicht einen Tag ohne Skizzenbuch unterwegs war, gezeichnete Tagebücher, Dokumentations- und Experimentierraum. In ihnen offenbart sich das meisterhafte Zeichentalent des Malers, der mit wenigen präzisen Strichen ganze Szenerien einfangen konnte. Kirchner hielt all jenes fest, was sein künstlerisches Auge reizte und das ihn zum Malen und manchmal auch zum Schreiben animierte. Die unscheinbaren schwarzen Hefte formen eine eigene und einzigartige Werkgattung in Ernst Ludwig Kirchners OEuvre und zählen heute zu den wichtigsten Originaldokumenten für die kunsthistorische Forschung. Zum allerersten Mal werden sie innerhalb der Publikation zur Ausstellung "Kirchner Digital: Die Skizzenbücher - vom Bleistiftstrich zum Hologramm" im Kirchner Museum Davos veröffentlicht. Das umfangreiche Digitalisierungsprojekt, das der Ausstellung zu Grunde liegt und neben den 161 Exemplaren im eigenen Sammlungsbestand, alle Skizzenhefte Kirchners für eine Datenbank digitalisierte, gibt auch erstmals die Möglichkeit den Gesamtkomplex der Skizzenbücher im Ausstellungskontext sichtbar und multimedial zugänglich zu machen. Wie keine andere Gattung zeigen die Skizzenbücher welche Motivgruppen Kirchner zeit seines Lebens beschäftigten und wie er seine stilistische Entwicklung von den Straßenszenen bis hin zum Neuen Stil in tausenden von Skizzen mühevoll ausarbeitete. Anhand ihres Studiums ist es möglich, die Genese von Entwurf bis fertigem Gemälde nachzuvollziehen. Dem vagabundierenden Charakter eines Skizzenbuches entsprechend erscheint die Publikation auch als e-Book.
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