Bag om Clemens Brentanos Frühlingskranz
Liebe Bettine.
Daß die Großmutter Dir den kleinen Brief nicht gab, ist mir sehr leid, es wäre schön von ihr gewesen, hätte sie Dich gebeten, daß Du ihr ihn lesen lassest, das hättest Du denn auch mit Freuden getan; übrigens verzeih es ihr in Deinem Herzen, denn sie hat es gewiß gut gemeint. Diesen Brief schicke ich Dir nun frei mit der Post, es tut mir zwar leid, daß ich Deinen lieben Namen muß so offen auf die Post geben, allein es ist besser als ein andrer Weg, er würde ein Winkelweg sein, da doch sich an Dir zu freuen und Dich zu hüten und verstehen zu lernen dem Bruder ganz naturgemäß ist! ¿ Schreibe mir auch nicht zu heftig, es ist nicht gut, wenn man sich dran gewöhnt, und man tut's so leicht, weil es einem wohltut; aber ein solcher Brief ist zu sehr Stimmung, und ein Wort gibt zu sehr das andre, da eigentlich die Seele allein jedes Wort geben soll. Schreibe mir von Euern Scherzen und kindischen Einfällen und kleinen Naseweisheiten. Liebe, Deine Geschwister und besonders die um Dich sind, mach Dich ihnen unentbehrlich, mache Dich allen geliebt und geehrt, dann ist Dein Inneres ungestört und Deine äußeren Verhältnisse recht angenehm in der Welt. Spiele brav Klavier, singe, zeichne und lerne, wo Du kannst, nur damit kannst Du Dir Deinen Lebenskreis erweitern. Ich sehe Dich bald wieder, zu Ostern komme ich gewiß, ich bin gar sehr vergnügt hier, und nächstens schreibe ich Dir alles, wie ich hier lebe. Freude, das ist das Höchste, es ist Gesundheit an Leib und Seele, die man gibt und empfängt.
Dein Clemens.
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